Geowissen

Edelste Diamanten haben tiefste Wurzeln

Einschlüsse enthüllen überraschend tiefen Ursprung blauer Diamanten im unteren Erdmantel

Die bläulich schimmernden Diamanten vom Typ-IIb gehören zu den kostbarsten - und rätselhaftesten. Eingelagerte Boratome verleihen ihnen die bläuliche Farbe. © Robison McMurtry/ GIA

Schatz aus der Tiefe: Die wertvollsten Diamanten haben einen überraschend tiefen Ursprung. Denn diese bläulich schimmernden IIb-Diamanten entstanden in mehr als 660 Kilometer Tiefe und damit im unteren Erdmantel, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Spannend auch: Das Bor, das diesen Diamanten ihren bläulichen Schimmer verleiht, wurde von subduzierten ozeanischen Erdplatten in diese Tiefen gebracht.

So wertvoll und beständig Diamanten sind, so rätselhaft sind noch immer einige Aspekte ihrer Entstehung. Klar ist: Die meisten von ihnen entstanden in rund 150 bis 200 Kilometern Tiefe, als Kohlenstoff unter hohem Druck und starker Hitze komprimiert wurde. Immerhin rund zehn Billiarden Tonnen dieser Edelsteine könnten sich noch tief unter unseren Füßen verbergen.

Die größten sind die rätselhaftesten

Doch ausgerechnet die wertvollsten und größten Diamanten der Welt passen nicht in das gängige Schema. Diese sogenannten Typ IIb-Diamanten zeichnen sich durch besondere Reinheit und einen leicht bläulichen Schimmer aus, den ihnen im Kohlenstoff eingelagerte Boratome verleihen. Zu diesen seltenen Kostbarkeiten gehören nur 0,02 Prozent aller bisher geborgenen Diamanten – darunter auch der berühmte Hope Diamant und der Cullinan.

Rätselhaft jedoch: Das Bor, das diesen Edelsteinen ihre bläuliche Farbe verleiht, ist in der Erdkruste zwar häufig, im Erdmantel aber kaum vorhanden. Gleichzeitig ergab aber schon 2016 eine Studie von Metalleinschlüssen in diesen Diamanten, dass gerade die größten unter ihnen besonders tief im Erdmantel entstanden sein müssen. Wie aber kam dann das Bor in ihre Kristallstruktur?

Dieser blaue Diamant hat dunkle Einschlüsse des Minerals Ferroperiklas © Evan M. Smith/ GIA

Fahndung nach Einschlüssen

Um dieses Rätsel zu lösen, haben nun Evan Smith vom Gemological Institute of America in New York und seine Kollegen 46 Typ-IIb-Diamanten analysiert. Sie waren im Laufe von zwei Jahren im

Institut geschliffen worden und konnte daher von den Forschern untersucht werden. „Es ist extrem schwer, für wissenschaftliche Zwecke Zugang zu diesem Diamantentyp zu bekommen, weil sie so kostbar sind“, erklärt Smith.

Hinzu kommt, dass der reine Kohlenstoffkristall wenig über die Herkunft eines Diamanten verrät. Indizien darüber, wo und wie der Edelstein einst entstand, finden sich nur in den winzigen Einschlüssen des Diamanten – und gerade die sind in den wertvollen Typ-IIb-Diamanten extrem selten. Doch die Forscher hatten Glück: In ihren Proben konnten sie solche Einschlüsse finden und sie mittels Raman-Spektroskopie analysieren.

Ursprung im unteren Erdmantel

Das Ergebnis: „Diese Einschlüsse unterschieden sich erheblich von den Mineralen, die in gängigen Diamanten aus Kratonen der Lithosphäre gefunden werden“, berichten Smith und seine Kollegen. Denn die winzigen Körnchen bestanden größtenteils aus Umwandlungsprodukten von Mineralen, die nur in tiefen Schichten des Erdmantels vorkommen, darunter Bridgmanit und Perovskit.

Die Typ-IIb-Diamsnten sind unterhalb der Übergangszone zum unteren Mantel entstanden. © gemeinfrei

Einige Mineralkörnchen trugen zudem Spuren einer Kompression unter extremen Drücken von vier bis neun Gigapascal, wie die Forscher berichten. Solche Druckverhältnisse herrschen nur im unteren Erdmantel.

Das aber bedeutet: Diese besonders wertvollen Diamanten des Typs IIb müssen unterhalb der Übergangszone von oberen zum unteren Erdmantel gebildet worden sein – in mindestens 660 Kilometern Tiefe. Damit liegt ihr Ursprung fast viermal tiefer als der der meisten anderen, „normalen“ Diamanten. „Typ-IIb-Diamanten gehören damit zu den tiefsten Diamanten, die jemals gefunden wurden“, sagen Smith und seine Kollegen.

Subduktion als Bor-Transporter

Doch wenn diese Diamanten so tief im Erdmantel gebildet wurden, wie kam dann das Krustenelement Bor in ihre Kristallstruktur? Auch darauf lieferten die Einschlüsse eine Antwort. In ihnen entdeckten die Wissenschaftler Minerale, die typischerweise im Basaltgestein der ozeanischen Kruste vorkommen. Entlang der Subduktionszonen werden Teile dieser Kruste in die Tiefe gedrückt und teilweise aufgeschmolzen. Sie können dabei bis in den unteren Mantel abtauchen.

Das Spannende daran: Eingebaut in wasserreichen Minerale dieser ozeanischen Krustenteile gelangte offenbar auch das Element Bor in die Tiefen des Erdmantels – und damit in die Bildungszone der Typ-IIb-Diamanten. „An der Bildung der blauen Diamanten ist demnach ein geochemischer Wirkungspfad beteiligt, der von der Kruste bis in den unteren Mantel reicht“, erklären die Forscher. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0334-5)

(Carnegie Institution for Science, 02.08.2018 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Nano-Spaghetti

Die dünnsten Spaghetti der Welt

Wie Abnehmspritzen auch Alkoholikern helfen

Wie die Totenkopf-Pfeife der Azteken klingt

Ein Raubtier als Bestäuber?

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Deutschlands verborgene Rohstoffe - Kupfer, Gold und seltene Erden Von Christoph Seidler

Edelsteine - Brillante Zeugen für die Erforschung der Erde Von Florian Neukirchen

Im Fokus: Bodenschätze - Die Jagd nach Seltenen Erden und anderen Rohstoffen von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Minerale und Gesteine - Mineralogie - Petrologie - Geochemie von Gregor Markl

Top-Clicks der Woche