Unerwartete Hilfe: Ein ehemaliger Feind hilft Koalas offenbar beim Kampf gegen krankmachende Retroviren. Wie eine Studie zeigt, schleusen sich uralte, im Genom der Tiere enthaltene Virus-Schnipsel in das Erbgut dieser Erreger ein. Auf diese Weise werden die normalerweise hoch infektiösen Retroviren unschädlich – und können sich nicht mehr vermehren. Dieser Mechanismus könnte auch die Entstehung einiger Junk-DNA-Elemente im menschlichen Genom erklären.
Das menschliche Genom enthält eine Reihe von Sequenzen, die dort eigentlich nichts zu suchen haben: retrovirale DNA. Sie ist in unserem Erbgut enthalten, weil unsere Vorfahren irgendwann einmal von Retroviren infiziert wurden. Solche Erreger schreiben ihr RNA-Erbgut in DNA um und fügen es dann in das Genom ihres Wirts ein. Auf diese Weise können sie dessen Zellmaschinerie nutzen, um sich zu vermehren.
Wenn die Retrovirus-Gene ihren Weg in Spermien oder Eizellen finden, werden sie von Generation zu Generation weitervererbt. Aus diesem Grund finden sich Spuren von ihnen bis heute in unserem Erbgut wieder – doch sie machen uns nicht mehr krank. Im Laufe der Zeit haben die einst schädlichen Genabschnitte ihre Gefährlichkeit für uns verloren und liegen nun nur noch als sogenannte Junk-DNA vor. Doch wie könnte dieser Prozess abgelaufen sein?
Sequenz wird bedeutungslos
Dieser rätselhaften Frage sind nun Wissenschaftler um Ulrike Löber vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin nachgegangen. Dafür schauten sie sich putzige tierische Probanden an: Koalas. „Das Beuteltier ist eines der wenigen Spezies, deren Keimbahn noch immer von krankmachenden Retroviren invadiert wird“, erklärt Mitautor Alfred Roca von der University of Illinois in Urbana. Interaktionen zwischen Erreger und Wirt konnte das Forscherteam an den Koalas daher gut beobachten.