Metallerze aus heimischem Grund: Bisher galten die deutschen Metallerz-Vorkommen als nicht mehr lukrativ, weil die Erze in ihnen komplex durchmischt vorliegen. Doch nun haben Forscher eine Methode entwickelt, mit der diese Komplexerze effektiv und wirtschaftlich getrennt und aufbereitet werden können. In einem Pilotversuch werden sie ihr computergestütztes Verfahren nun mit 150 Tonnen Erz aus dem Erzgebirge testen.
In Deutschland hat die Erzgewinnung eine lange Tradition. Schon in der Bronzezeit schürften unsere Vorfahren im Alpenraum nach Kupfer, Zinn und anderen Metallen. Im Mittelalter wurden vor allem die Erzvorkommen im Harz abgebaut. Der nahe Goslar gelegene Rammelsberg war einst sogar die größte zusammenhängende Blei-, Zink- und Kupfererzlagerstätte der Welt. Wenig später begann der Abbau von Silber im Erzgebirge, das dadurch seinen Namen erhielt. Auch Eisenerz wurde in Deutschland lange abgebaut.
Komplexer Mischmasch von Metallerzen
Auch heute noch gibt es Erzvorkommen in Deutschland. Doch ihr Abbau galt bisher als zu aufwändig und wirtschaftlich nicht lukrativ genug. Der Grund: Die meisten verbliebenen Metallrohstoffe liegen als Komplexerze vor – aus vielen verschiedene Erzen zusammengesetzte Lagerstätten. Sie zu trennen und damit verwertbar zu machen, war nur mit großem Aufwand und durch wiederholtes Ausprobieren verschiedener Methoden möglich.
Das aber könnte sich nun ändern. Denn in einem Pilotprojekt haben zwei Forscher-Konsortien jetzt Methoden entwickelt, die die Aufbereitung solcher Komplexerze einfacher und damit wirtschaftlicher machen. „Wir wollen zeigen, dass man heute komplexe Rohstoffe technisch und wirtschaftlich verarbeiten kann“, erklärt Jens Gutzmer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. „Und die heimischen Lagerstätten könnten zur Versorgung mit mehreren wirtschaftsstrategischen Rohstoffen beitragen.“
Computermodell ermittelt geeignetes Trennverfahren
Wie Komplexerze effektiv verarbeitet und getrennt werden können, haben die Wissenschaftler am Beispiel der Komplexerz-Lagerstätte Hämmerlein-Tellerhäuser im Erzgebirge untersucht. Dafür erstellten sie zunächst ein detailliertes Bild der Lagerstätte: Der Hauptwertstoff Zinn und weitere begehrte Metalle wie Zink und Indium verteilen sich auf verschiedene Erzminerale, die wiederum eng verwachsen sind mit Mineralen ohne wirtschaftlich relevantem Metallinhalt.
Im nächsten Schritt nutzten die Forscher ein Simulationsmodell, das ausgehend von den Lagerstättendaten die nötigen Trenn- und Aufbereitungsschritte ermittelt. Die unterschiedlichen Minerale können beispielsweise nach Eigenschaften wie Farbe, Dichte oder Magnetisierbarkeit getrennt werden. Für jeden Zerkleinerungsschritt und jeden Trennprozess der vielschichtigen Aufbereitungskette beschreibt das Modell zudem, ab welchem Schwellenwert sich die Anreicherung lohnt. Das stellt sicher, dass der Wertstoffstrom deutlich größer bleibt als der Ausschuss.
Pilotversuch mit 150 Tonnen Erz
Im Labor hat sich diese Methode bereits bewährt, jetzt wollen die Wissenschaftler ihr Aufbereitungskonzept in einem Pilotversuch in Freiberg testen. In diesem wollen sie die Metalle aus 150 Tonnen Komplexerzen gewinnen, die aus dem Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla im Erzgebirge entnommen wurden. Dabei werden sie auch einige von ihnen weiter optimierte Trennverfahren auf die Probe stellen.
Letztlich forschen die Verbundpartner mit ihrem Projekt auch am Bergbau der Zukunft, bei dem es wenig oberirdischen Abraum und einen niedrigen Energieverbrauch geben soll: Mithilfe speziell angepasster Sensor-Technologien wollen die Wissenschaftler den Großteil des wertarmen Gesteins vorsortieren und abtrennen. Es soll dann zum Teil als Straßenschotter zur Verfügung gestellt werden. Die Vorsortierung verringert den Abfall und den Energieeinsatz im gesamten Prozess, wie sie erklären.
„Das Erzgebirge könnte zu einem Leuchtturmbeispiel für die energie- und ressourceneffiziente Gewinnung primärer Ressourcen werden“, sagt Gutzmer. Und Rohstoffe gäbe es genug: Allein im Abbaugebiet rund um das Besucherbergwerk Zinnkammern Pöhla lagern noch rund 15 Millionen Tonnen Komplexerze. Ähnlich sieht es in anderen Lagerstätten aus.
(Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, 20.08.2018 – NPO)