Wandernde Klimazonen: Der Tropengürtel der Erde hat sich ausgedehnt, wie nun eine Studie bestätigt. Pro Jahrzehnt ist die Klimazone rund um den Äquator demnach um 0,5 Breitengrade größer geworden – das entspricht knapp 60 Kilometern. Diese Ausdehnung der Tropen entspricht damit etwa dem, was Klimamodelle vorhersagen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“ berichten. Ob der Klimawandel tatsächlich die Hauptursache ist, konnten sie allerdings nicht ermitteln.
Vorhergesagt ist es schon lange: Mit dem Klimawandel wandeln sich nicht nur die irdischen Ökosysteme, auch die Lage und Ausdehnung der irdischen Klimazonen verändert sich. Vor allem die äquatornächste Zone, die Tropen, soll sich durch die globale Erwärmung und die steigenden Kohlendioxidwerte der Atmosphäre weiter nach Norden und Süden hin ausdehnen.
Eine der möglichen Folgen: Die angrenzenden Subtropen werden noch trockener als ohnehin schon und Wüsten dehnen sich weiter aus. „Angesichts der Tatsache, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung entweder in oder nahe dieser subtropischen semiariden Klimazone lebt, hat die Ausweitung der Tropen eine enorme Bedeutung“, erklären Paul Staten von der Indiana University in Bloomington und seine Kollegen.
Wo verläuft die Tropengrenze?
Doch wie schnell die Tropen-Ausdehnung voranschreitet, war bisher strittig. Klimamodelle und Beobachtungen ergaben Werte zwischen 0,25 und drei Breitengrade pro Dekade. Zudem blieb unklar, welchen Anteil daran der Klimawandel hat. Einer der Gründe: Die Ursachen für diesen Effekt sind komplex, denn neben dem Klimawandel spielen auch Aerosole aus Vulkanausbrüchen, die Luftverschmutzung mit Ruß und Ozonsmog und natürliche Klimaschwankungen eine Rolle.
Um mehr Klarheit zu schaffen, haben nun Staten und sein Team alle bisherigen Daten und Modelle zur Tropenausweitung noch einmal neu ausgewertet. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf die Methode, über die jeweils die Grenze der Tropen bestimmt wurde – denn dafür gibt es verschiedene. Einige Forscher nehmen den am Wind erkennbaren Außenrand der tropischen Hadley-Zellen als Maßstab, andere nutzen Strahleneinfall, die Höhe der Tropopause oder die Dicke der Ozonschicht.
0,5 Grad pro Jahrzehnt
Das Ergebnis: „Unsere Synthese zeigt starke Belege dafür, dass sich die Tropen seit Beginn der Satelliten-Ära um rund 0,5 Grad pro Jahrzehnt ausgeweitet haben“, berichten die Forscher. Der Tropengürtel ist demnach seit den späten 1970er Jahren um etwa zwei Grad gewachsen. Die Grenze zu den Subtropen liegt damit heute auf der Nordhalbkugel rund 180 Kilometer weiter nördlich und auf der Südhalbkugel um den gleichen Betrag weiter südlich.
„Damit könnte der Ausdehnungstrend nicht ganz so hoch sein wie es einige Berechnungen ergeben haben“, sagen Staten und seine Kollegen. Der Grund für diese Abweichungen könnte sein, dass diese Kalkulationen oft auf Methoden wie der Höhe der Tropopause oder dem Strahlungseinfall beruhten – und diese seien eher ungenau. Die jetzt ermittelten Ausdehnungswerte entsprechen im Großen und Ganzen den meisten Modellen, wie die Forscher erklären.
Welchen Anteil hat der Klimawandel?
Unklar ist allerdings noch immer, welchen Anteil an der Tropenausdehnung der anthropogene Klimawandel hat. „Es muss noch viel getan werden, um die Prozesse zu verstehen, die die Breite des Tropengürtels bestimmen“, sagt Staten. Den Berechnungen seines Teams zufolge ist der Effekt des Klimawandels bisher nicht dominant – oder zumindest nicht als eindeutig als Haupttriebkraft nachweisbar.
„Die natürlichen Schwankungen in der dekadischen Variabilität von Ozean und Atmosphäre könnten mindestens ebenso viel Anteil an der beobachteten Tropenerweiterung gehabt haben wie die menschliche Aktivität“, konstatieren die Forscher. Das allerdings könnte sich mit weiter zunehmendem und anhaltendem Treibhausgas-Ausstoß ändern.
Ob der Tropengürtel in Zukunft noch weiter anwachsen wird, ist nach Angaben von Staten und seinem Team offen. Sie schließen nicht aus, dass sich die Tropen sogar wieder kontrahieren könnten. (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0246-2)
(Indiana University, 19.09.2018 – NPO)