Überraschende Entdeckung: Astronomen haben herausgefunden, was im Jahr 1670 einen „neuen Stern“ am Himmel aufleuchten ließ. Entgegen bisherigen Annahmen war die Ursache keine Sternexplosion, sondern die Kollision eines Weißen Zwergs mit einem Braunen Zwerg – ein noch nie zuvor beobachteter Kollisionstyp. Bei dieser stellaren Katastrophe wurde der Braune Zwerg zerrissen und das löste die damals am Nachthimmel sichtbare Explosion aus, wie die Forscher berichten.
Im Juni 1670 leuchtete über dem Kopf des Sternbilds Schwan (Cygnus) plötzlich ein heller Lichtpunkt auf. Ein neuer Stern, wie die damaligen Astronomen glaubten. Doch der Stern verhielt sich ungewöhnlich: Nach zwei Jahren verblasste er, leuchtete dann aber noch zweimal kurz auf, bevor er dann endgültig verlosch. Bis vor kurzem vermuteten Astronomen, dass hinter diesem Phänomen eine Nova steckt – wiederholte Ausbrüche eines Weißen Zwerges, der Materie von einem Begleiter absaugt.
Widersprüche zur Nova-Hypothese
Doch viele Merkmale von CK Vulpeculae, wie das Objekt inzwischen getauft wurde, passen nicht in dieses Szenario: „So ist beispielsweise die Lichtkurve extrem un-nova-artig und auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Überrests ist viel zu gering – selbst für eine außergewöhnlich langsame Nova“, erklären Stewart Eyres von der University of South Wales und seine Kollegen. Auch andere Beobachtungen sprachen gegen die Nova-Theorie.
„Mehr und mehr kristallisierte sich heraus, dass CK Vulpeculae wohl keine Nova war. Aber niemand wusste, was es stattdessen sein könnte“, sagt Koautor Nye Evans von der Keele University. Im Jahr 2015 entdeckten Astronomen dann mithilfe verschiedener Radioteleskope Indizien dafür, dass an dieser Stelle möglicherweise eine Sternenkollision stattgefunden hat. Die Daten reichten jedoch nicht aus, um Näheres über die beteiligten Partner herauszufinden.
Verräterische Moleküle
Das hat sich nun geändert. Denn Eyres und sein Team haben nun CK Vulpeculae mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) unter die Lupe genommen. Dabei kam ihnen das Licht zweier ferner, durch den Explosionsrest scheinender Sterne zu Hilfe. Denn anhand der Spektrallinien, die bei der Passage des Lichts durch das Explosionsrelikt entstanden, konnten sie die chemische Zusammensetzung des Objekts und seine Struktur analysieren.
Das Ergebnis: „Das Material in dem Sanduhr-förmigen Nebel enthält das Element Lithium, das im Inneren von Sternen normalerweise zerstört wird“, berichtet Eyres. „Interessanterweise ist die Gaswolke zudem reich an organischen Molekülen wie Formaldehyd, Methanol und Methanamid (NH2CHO). Diese Moleküle würden in einer Umgebung mit Kernfusion ebenfalls nicht überdauern.“
Tod eines Braunen Zwerges
Das aber bedeutet: Mindestens einer der Kollisionspartner von CK Vulpeculae war kein Stern. Ein Planet hätte jedoch zu wenig Masse, um die Menge der chemischen Überreste zu erklären, so die Astronomen. Sie vermuten, dass neben einem Weißen Zwerg ein Brauner Zwerg an dem explosiven Zusammenstoß beteiligt war – ein „gescheiterter“ Stern, dessen Kernfusion nie dauerhaft in Gang gekommen ist. „Die Elementzusammensetzung spricht dafür, dass im Jahr 1670 ein Brauner Zwerg auf die Oberfläche eines Weißen Zwergs stürzte und so zu einer thermonuklearen Eruption führte“, erklärt Eyres.
Der Weiße Zwerg war wahrscheinlich rund zehnmal massereicher als der Braune Zwerg. Bei der Annäherung wurde dieser deshalb durch die enormen Gezeitenkräfte zerrissen. Die Explosion verteilte dann seine Trümmer in weitem Umkreis. „Dieser Ausbruch erzeugte das Aufleuchten am Himmel, das der Astronom Hevelius und der Kartäusermönch Anthelme damals beobachteten und beschrieben. Und er hinterließ die heute noch sichtbare sanduhrförmige Gaswolke“, so Eyres.
„Eine aufregende Entdeckung!“
Sollte sich dies bestätigen, wäre dies die erste bekannte Kollision eines Weißen mit einem Braunen Zwerg, wie die Astronomen betonen. „So etwas haben wir zuvor weder theoretisch postuliert noch jemals beobachtet. Das ist daher eine sehr aufregende Entdeckung“, sagt Koautor Albert Zijlstra von der University of Manchester.
Auch wenn eine solche Kollision noch nie zuvor beobachtet worden ist, kommt sie vermutlich in der Milchstraße gar nicht so selten vor. Denn die meisten Sternsysteme in unserer Galaxie sind Doppelsterne – und bei ihnen kommt es häufiger zu Verschmelzungen, wie die Astronomen erklären. „Das Material solcher Kollisionen kann dann die Bausteine für neue Planetensysteme liefern“, sagt Koautor Sumner Starrfield von der Arizona State University. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2018; in press, arXiv:1809.05849)
(National Radio Astronomy Observatory, Keele University, 10.10.2018 – NPO)