Brummendes Eis: Das riesige Ross-Schelfeis in der Antarktis „singt“ – es gibt fast ständig ein unhörbar tiefes Summen von sich. Messungen im Eis enthüllen, dass diese subtilen Vibrationen durch den Einfluss des Windes auf die Schnee- und Eisdünen an der Eisoberfläche verursacht werden. An den Frequenzen des Summens lässt sich jedoch auch ablesen, wo die Schneedecke taut, wie die Forscher berichten. Das Singen“ des Schelfeises sei damit ein gutes Werkzeug, um den Zustand dieser wichtigen Eisflächen zu überwachen.
Das Ross-Schelfeis ist rund eine halbe Million Quadratkilometer groß und damit das größte Eisschelf der Erde. Die schwimmende Eisfläche füllt eine riesige Bucht im antarktischen Kontinent und steht schon länger im Visier der Wissenschaftler. Vor einigen Jahren entdeckten sie dort ein rätselhaftes Phänomen: Über der gewaltigen Eisfläche bilden sich in der Atmosphäre enorme Luftwellen. Schon damals vermuteten die Forscher, dass subtile Vibrationen des Schelfeises der Auslöser dieser Atmosphärenwellen sein könnten.
Was genau dahinter steckt, haben nun Julien Chaput von der Colorado State University in Fort Collins und seine Kollegen erforscht. Bereits im Jahr 2014 hatten sie 34 extrem sensible seismische Sensoren entlang zweier Traversalen unter der Schneedecke des Schelfeises vergraben. „Wir wollten damit die Wissenslücke darüber schleißen, wie Schelfeise auf ozeanische, atmosphärische, elastische und schwerkraftbedingte Wellen reagieren“, erklären die Forscher.
Wind versetzt Eis in Vibration
Das Ergebnis: „Wir haben entdeckt, dass das Ross-Schelfeis nahezu kontinuierlich ’singt'“, berichten die Forscher. Das Eis und die darüberliegende Schneedecke vibrieren demnach mit einer Frequenz zwischen vier und 50 Hertz. Dieses tiefe Brummen ist zu niederfrequent, um für uns hörbar zu sein. Würde man es transponieren, wäre es jedoch mit dem Summen tausender von Zikaden vergleichbar sein.