Ernährung

Acrylamid: Auf das Getreide kommt es an

Wahl der richtigen Sorte kann Gehalt des Gefahrstoffs in Backwaren deutlich reduzieren

Wie viel Acrylamid in Brot und anderem Gebäck steckt, hängt auch von der verwendeten Getreidesorte ab. © Beats3/ iStock.com

Geringere Belastung: Forscher haben herausgefunden, wie sich das Gesundheitsrisiko durch Acrylamid in Brot, Keksen und Co reduzieren lässt: durch die Wahl des richtigen Getreides. Denn einige Sorten enthalten bereits von Natur aus weniger Vorläufer-Substanzen des potenziell krebserregenden Stoffes. Dadurch kann der spätere Acrylamidgehalt um bis zu 70 Prozent gesenkt werden, wie das Team berichtet. Daneben spielt aber auch der Mehltyp eine Rolle.

Das potenziell krebserregende Acrylamid entsteht immer dann, wenn stärkehaltige Lebensmittel stark erhitzt und gebräunt werden. Schuld daran ist die sogenannte Maillard-Reaktion: Die in Getreide und Kartoffeln enthaltene Aminosäure Asparagin reagiert mit Zucker und bildet Acrylamid. Derselbe chemische Prozess verleiht vielen Lebensmitteln beim Erhitzen eine schöne Bräune und das typische Röstaroma.

Insbesondere Chips, Pommes und Kaffee sind für ihre hohen Gehalte des gesundheitsschädlichen Stoffes berüchtigt. „Bei normalem Brot ist der Acrylamidgehalt deutlich geringer und eigentlich nur in der Kruste vorhanden“, sagt Friedrich Longin von der Universität Hohenheim. „Allerdings sieht das anders aus bei Kleingebäcken und vor allem bei Keksen, Lebkuchen und Knäckebrot.“

Acrylamid-Vorstufe im Blick

Um die Acrylamidbelastung in solchen Lebensmitteln zu verringern, hilft in erster Linie die Reduktion der Backtemperatur. Doch der Wissenschaftler und seine Kollegen haben nun herausgefunden, dass sich das Gesundheitsrisiko bereits vor dem Backen deutlich reduzieren lässt: durch die Wahl des richtigen Getreides.

„Ein niedriger Asparagin-Gehalt ist eine der besten Vorbeugemaßnahmen, um später wenig Acrylamid im Produkt zu haben“, sagt Login. Aus diesem Grund untersuchten die Forscher, wie viel der Acrylamid-Vorstufe in unterschiedlichen Getreidearten und -sorten enthalten ist. An drei Standorten in Baden-Württemberg bauten sie dafür 150 Brotweizensorten sowie 15 Sorten der alten Weizenarten Dinkel, Emmer und Einkorn an. Deren Körner verarbeiteten sie anschließend zu Vollkornmehl und bestimmten darin den Asparagingehalt.

Große Unterschiede

Die Bandbreite der Ergebnisse war überraschend: „Bei der Analyse haben wir sehr große Unterschiede zwischen den Brotweizensorten festgestellt. Die Asparagingehalte schwankten zwischen 140 bis 450 Milligramm pro Kilogramm Vollkornmehl“, berichtet Longin. Die Sortenwerte bei Emmer und Dinkel bewegten sich dem Forscher zufolge in einem ähnlichen Bereich. Auch beim Einkorn stellte das Team große Differenzen fest. Hier lagen die Werte allerdings zwischen 550 und 840 Milligramm pro Kilogramm Mehl und damit deutlich höher.

Das bedeutet: Allein durch die Wahl der richtigen Sorte kann der Asparagingehalt bereits zu Beginn der Wertschöpfungskette deutlich reduziert werden – um bis zu 70 Prozent, wie die Forscher betonen. Neben der Sortenwahl ist allerdings ein zweiter Faktor entscheidend für die spätere Acrylamidkonzentration im Gebäck: der verwendete Mehltyp.

Mehr Acrylamid im Vollkorn

So stellten Login und seine Kollegen bei weiteren Untersuchungen fest, dass es einen Unterschied macht, ob das Getreide zu Vollkornmehl, zu dunklem Brotmehl des Typs 1050 oder zu feinem Auszugsmehl der Type 550 verarbeitet wird. „Im Vollkornmehl hatte es etwa ähnlich viel Asparagin wie im Mehl der Type 1050“, berichtet Mitautor Andreas Baitinger. „Allerdings war im feinen Auszugsmehl der Type 550 nur noch ein minimaler Bruchteil des Asparagins vorhanden.“

Der Grund für diese Unterschiede: Der Großteil des Asparagins befindet sich in der sogenannten Aleuronschicht, die sich ziemlich weit außen im Korn befindet und deshalb hauptsächlich in dunkleren Mehlen enthalten ist. „Das ist vermutlich auch der Grund für die deutlich höheren Asparagingehalte im Einkornvollkornmehl“, sagt Baitinger. „Einkorn hat ein deutlich kleineres Korn. In der Relation besitzt es anteilig mehr Randschichten und weniger Korninneres.“

Hefe konsumiert Asparagin

Sollten wir künftig also besser zu Weißmehlprodukten greifen? Auf keinen Fall, betonen die Wissenschaftler: „Gerade die Randschichten des Korns enthalten eine Fülle positiver Inhaltstoffe, sodass ein häufiger Verzehr von Vollkornbackwaren sehr wichtig für die menschliche Ernährung ist“, konstatieren sie.

Insofern sind Login und seinen Kollegen zufolge gerade in der Vollkornbäckerei andere Strategien zur Reduktion von Acrylamid gefordert. Neben der Vermeidung zu langer hoher Hitze beim Backen trägt zum Beispiel auch eine Schwefeldüngung der Getreidefelder zu einer geringeren Acrylamidbelastung bei, wie frühere Studien gezeigt haben. Eine weitere Möglichkeit ist den Forschern zufolge, den Brotteig länger gehen zu lassen. Denn dann konsumiert die Hefe das Asparagin und das Acrylamidpotenzial sinkt.

(Universität Hohenheim, 24.10.2018 – DAL)

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