Medizin

Hautbakterium kann tödlich werden

Genetische Veränderungen machen eigentlich harmlosen Keim gefährlich

Staphylococcus epidermidis kommt auf der Haut fast jedes Menschen vor - und kann mitunter gefährlich sein. © University of Bath

Unterschätzte Gefahr: Ein eigentlich als harmlos geltendes Hautbakterium kann in manchen Fällen tödlich werden. Denn einige Stämme dieses weit verbreiteten Keims haben genetische Merkmale entwickelt, die sie gefährlich machen. Diese Bakterien lösen vor allem bei frisch operierten Patienten häufig Infektionen aus und sind gegen gängige Antibiotika resistent – ein Risiko, das bislang kaum bekannt war, wie Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten.

Auf und in unserem Körper leben mehr Mikroorganismen als wir Zellen besitzen – und dieses Mikrobiom hat einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit. Auch unsere Haut ist mit zahlreichen unsichtbaren Mitbewohnern wie Bakterien besiedelt. Viele dieser Keime gelten als nützlich oder zumindest harmlos. Dies traf lange Zeit auch auf das Bakterium Staphylococcus epidermidis zu.

In letzter Zeit zeichnet sich jedoch ab, dass dieser vermeintlich ungefährliche Verwandte des berüchtigten Krankenhauskeims MRSA mitunter tödlich sein kann. So lösen manche Stämme lebensgefährliche Infektionen aus – in der Regel sind Patienten betroffen, bei denen kurz zuvor eine Operation durchgeführt wurde.

61 auffällige Gene

Warum aber machen die auf der Haut nahezu jedes Menschen vorkommenden Bakterien in manchen Fällen krank? Um dies herauszufinden, haben Sam Sheppard von der University of Bath und seine Kollegen die Keime nun genauer unter die Lupe genommen. Dabei verglichen sie Bakterienproben gesunder Personen mit Mikroben auf der Haut von Patienten, die nach einer Hüft- oder Knie-OP eine Infektion erlitten hatten.

Dabei zeigte sich: Die Bakterien von der Haut der kranken Patienten wiesen einige Auffälligkeiten in ihrem Genom auf, die bei den Keimen der Gesunden größtenteils nicht vorkamen. Konkret identifizierten die Forscher Varianten in 61 Genen, die aus harmlosen offenbar gefährliche Mikroben machen. Diese Gene helfen den Bakterien dabei, sich im Blutkreislauf zu vermehren und der körpereigenen Abwehr aus dem Weg zu gehen. Außerdem machen sie die Keime resistent gegen Antibiotika, wie das Team berichtet.

Rasante Ausbreitung?

„Staphylococcus epidermidis ist ein tödlicher Keim, der für alle sichtbar ist – bisher aber kaum wahrgenommen wurde“, konstatiert Sheppard. Das Gefährliche daran: Gerade weil die Bakterien so häufig sind, können sie sich schnell weiterentwickeln, indem sie untereinander Genmaterial austauschen. „Es besteht daher ein hohes Risiko, dass sich die krankmachenden Gene rasant ausbreiten. Und das bedeutet: Post-operative Infektionen mit resistenten Hautbakterien könnten künftig noch häufiger werden“, sagt der Wissenschaftler.

Um dies zu verhindern, fordern er und seine Kollegen, dem potenziell tödlichen Keim in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu schenken – sowohl in der Praxis als auch in der Forschung. „Wenn wir verstehen, wer besonders gefährdet sind, können wir bei diesen Patienten besondere Hygienemaßnahmen treffen und so das Risiko einer Infektion minimieren“, schließt Sheppard. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-07368-7)

(University of Bath, 28.11.2018 – DAL)

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