Supraleiter leiten Strom nahezu widerstandfrei – aber bisher nur bei relativ geringen Stromstärken. Jetzt haben Wissenschaftler einen Hochtemperatur- Supraleiter entwickelt, der rekordverdächtige 70.000 Ampere transportieren kann.
Das Forschungszentrum Karlsruhe hat in Zusammenarbeit mit dem „Centre de Recherches en Physique des Plasmas“ (CRPP) der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne, Schweiz, eine mit flüssigem Stickstoff gekühlte Hochtemperatur-Supraleiter Stromzuführung entwickelt, die einen elektrischen Strom von 70000 Ampere tragen kann. Die neuartigen Stromzuführungen sollen nun auch im Fusions- Forschungsreaktor ITER, der im südfranzösischen Cadarache aufgebaut wird, Verwendung finden. Solche Stromzuführungen werden benötigt, um den Strom von Raumtemperatur auf die tiefe Temperatur der supraleitenden Spulen des ITER zu übertragen, die bei -269 Grad Celsius betrieben werden.
Kühlung frisst Energie
In einem Fusionskraftwerk wird Energie durch das Verschmelzen von Wasserstoffatomen zu Helium erzeugt. Dieser physikalische Prozess läuft auf der Erde erst bei Temperaturen um 100 Millionen Grad Celsius ab. Die Materie liegt bei diesen Temperaturen als Plasma vor, das heißt, dass der positiv geladene Atomkern von den negativ geladenen Elektronen getrennt ist. Die geladenen Teilchen lassen sich – ohne Berührung zu irgendwelchen Wänden – nur in einem Magnetfeld einsperren.
Um dieses Magnetfeld zu erzeugen, werden große elektrische Spulen benötigt, die aber nur im supraleitenden Zustand, gekühlt durch flüssiges Helium bei Temperaturen um Minus 269 Grad Celsius, wirtschaftlich arbeiten können. Die in diesen elektrischen Spulen notwendigen hohen elektrischen Ströme müssen allerdings von außen in die Spulen geführt werden. Mit normalleitenden Stromzuführungen treten einerseits elektrische Verluste auf, andererseits stellen die Zuführungen eine Wärmebrücke dar, über die Wärme auf die kalten supraleitenden Spulen übertragen wird. Die Entwicklung von Stromzuführungen aus Hochtemperatursupraleitern reduziert diese Probleme deutlich.