Ameisen sind erheblich älter als bisher angenommen. Sie entstanden schon vor 140 bis 168 Millionen Jahren, wie eine neue, jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie zeigt. Die anpassungsfähigen Insekten, die heute nahezu überall vorkommen, begannen demnach ihren weltweiten Siegszug vor 100 Millionen Jahren, parallel zur Ausbreitung der Blütenpflanzen.
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Einer Forschergruppe der Harvard Universität unter Leitung von Corrie S. Moreau and Naomi E. Pierce ist es gelungen, den Stammbaum der Tiere zu rekonstruieren. Die Wissenschaftler sequenzierten und verglichen dafür die DNA von sechs Genen aus 139 repräsentativen Ameisenarten. 19 von 20 Ameisenfamilien weltweit wurden so abgedeckt. Moreau und seine Kollegen nutzten eine Art “molekulare Uhr” auf der Basis von 43 Fossilien aus unterschiedlichen Stadien der Ameisengeschichte um Schlüsselereignisse in der Evolution der Tiergruppe zu datieren und verglichen die DNA-Sequenzen der ausgewählten Familien miteinander.
„Ameisen sind ein dominierendes Kennzeichen in fast allen terrestrischen Ökosystemen und trotzdem wissen wir überraschend wenig über ihre Evolutionsgeschichte: die Hauptgruppen der Ameisen, wie sie miteinander verwandt sind und wann und warum sie entstanden“, erklärt Corrie S. Moreau, Evolutionsbiologe in Harvard. „Die jetzige Arbeit gibt uns ein klares Bild, wie sich diese nach ökologischen Maßstäben außergewöhnlich dominante und in der Evolution erfolgreiche Insektengruppe bildete und ausbreitete.“
Das Ergebnis der Forscher überraschte: Demnach sind die Ameisen rund 40 Millionen Jahre älter als bisher angenommen. Die miderne Ameise entstand vor 140 bis 168 Millionen Jahren. Älteste noch heute existierende Unterfamilie ist die wenig untersuchte Gruppe der Leptanillinae, gefolgt von zwei größeren Gruppen, den Raubameisen oder Poneroiden, und den Formicoiden, zu denen die bekanntesten Ameisenarten, wie die Weg- oder die Waldameise, gehören. Die Forscher stellten zudem fest, dass die modifizierten Stachel, die einige Ameisenarten besitzen, wahrscheinlich zweimal unabhängig voneinander im Laufe der Ameisenentwicklung entstanden sind.
„Wir schätzen, dass die Diversifikation der Ameisen wahrscheinlich vor rund 100 Millionen Jahren begann, gemeinsam mit dem Aufstieg der Blütenpflanzen“, erklärt Naomi E. Pierce, Professorin für Biologie am Museum für vergleichende Zoologie der Harvard Universität. „Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Ameisen die ökologischen Möglichkeiten, die die neuen Pflanzenarten und die sich mit ihnen entwickelnden Pflanzen fressenden Insekten boten, optimal nutzen konnten. Die Pflanzen lieferten den Ameisen einerseits neue Habitate sowohl in den Baumkronen als auch im Unterholz und der Streuschicht auf dem Waldboden, andererseits dienten die an den Pflanzen siedelnden Herbivoren als Nahrungsgrundlage und Beute.“
(Harvard University, 12.04.2006 – AHE)