Psychologie

„Verschluckte“ Gefühle als Auslöser von Essanfällen?

Zusammenhang von Essstörungen und mangelndem Ausdruck eigener Gefühle untersucht

Essanfall © USDA

Menschen mit Esstörungen leiden oft an einer Überbewertung von Essen, Figur und Körper sowie anderen überzogenen Leistungsvorstellungen und haben häufig ein negatives Selbstbild. Aber auch die Wahrnehmung und der Umgang mit Gefühlen könnte eine Ursache für Essstörungen sein. Eine neue Studie will diesen bisher nur vermuteten Zusammenhang jetzt genauer untersuchen.

"Es gibt Anzeichen dafür, dass Frauen mit Essstörungen Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Gefühle angemessen auszudrücken", erläutert Dr. Tanja Legenbauer vom Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In einer neuen Studie soll diesen Zusammenhängen genauer nachgegangen werden. Für die Studie "Gefühlswahrnehmung bei Frauen mit Essanfällen" werden noch Teilnehmerinnen gesucht.

Emotionale Beeinträchtungen häufig

Essstörungen wie Bulimia Nervosa, auch Ess-Brechsucht genannt, und Anorexia nervosa, die so genannte Magersucht, sind in den letzten Jahren verstärkt in den Blickpunkt der wissenschaftlichen Forschung getreten. Typische Ausprägungen bei Personen mit Essstörungen sind die starke Kontrolle des Körpergewichts zum Beispiel durch strenge Diäten und Extremsport sowie das wiederholte Auftreten von Essanfällen. Essanfälle sind allerdings nicht nur ein Hauptmerkmal der Bulimia Nervosa, sondern auch der so genannten „Binge Eating Disorder“ – beide sind durch den Verzehr großer Nahrungsmengen und das Erleben eines Kontrollverlustes gekennzeichnet.

Frauen, die unter häufigen Essanfällen leiden, zeigen häufig auch emotionale Beeinträchtigungen oder "zwischenmenschliche Schwierigkeiten". Dabei handelt es sich nach bisherigen Erkenntnissen offenbar nicht darum, dass Frauen mit Essstörungen die Gefühle anderer Menschen nicht erkennen könnten, sondern eher um Schwierigkeiten oder Defizite, die eigenen Gefühle angemessen auszudrücken. Es gibt bislang einige Hinweise, die diese Vermutung verstärken: So zeigen Frauen mit Magersucht, Ess-Brech-Sucht sowie insbesondere Frauen mit Binge Eating Disorder erhöhte Alexithymiewerte – ein Maßstab für die Unfähigkeit, die eigenen Gefühle hinreichend wahrnehmen und beschreiben zu können.

Verbindung zwischen Essanfällen und Gefühlen?

Die geplante Studie am Psychologischen Institut will nun diesen Schwierigkeiten genauer nachgehen und herausfinden, ob es Zusammenhänge zwischen der allgemeinen Schwierigkeit, Gefühle wahrnehmen zu können, und Essanfällen gibt. Darüber hinaus soll untersucht werden, inwiefern gedankliche Mechanismen einen Einfluss auf die Auslösung von Essanfällen haben und welche Verbindungen zwischen Gedanken und Gefühlen bestehen.

"Wir hoffen damit Anhaltspunkte zu bekommen, um die Therapie von Essstörungen weiter zu verbessern", erklärt Legenbauer. Sie untersucht in der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie seit mehreren Jahren die Zusammenhänge bei der Entstehung von Essstörungen und Möglichkeiten zu ihrer Überwindung.

(Universität Mainz, 02.08.2006 – NPO)

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