Nach wie vor schließen Wissenschaftler nicht aus, dass es Leben auf dem Mars geben könnte – tief unter der Oberfläche, außerhalb der Reichweite der zurzeit eingesetzten Probebohrer. Denn erst in mehreren Metern Tiefe ist die kosmische Strahlung soweit abgedämpft, dass Mikroorganismen längere Zeit überleben könnten. Das zeigt eine jetzt in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlichte Studie.
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Im Gegensatz zur Erde ist der Mars nicht durch ein globales Magnetfeld oder eine dichte Atmosphäre geschützt. Seit Milliarden von Jahren ist seine Oberfläche daher der lebensfeindlichen Strahlung aus dem All nahezu schutzlos ausgesetzt. Forscher um Lewis Dartnell vom University College London haben jetzt analysiert, wie die solare und galaktische Strahlung verändert wird, wenn sie durch die dünne Marsatmosphäre und die ersten Bodenschichten fällt. Die Wissenschaftler verglichen zudem die Wirkung auf drei unterschiedliche Oberflächen: trockenen Regolith, Wassereis und Regolith mit Permafrostschichten. Die Energieraten und Strahlendosen wurden an der Marsoberfläche sowie in regelmäßigen Tiefenabständen unter der Oberfläche gemessen.
Ruhende Zellen besonders anfällig
Mithilfe eines neu entwickelten Strahlendosis-Modells verrechneten die Forscher zudem die Strahlenresistenz und Überlebensdauer von verschiedenen terrestrischen Mikroben mit der ermittelten durchschnittlichen Strahlenbelastung der Marshabitate. Auch die Überlebensdauer von Zellen im Ruhezustand wurde kalkuliert. Normalerweise wird die Resistenz gegenüber Strahlung durch besonders aktive und effektive DNA-Reparaturmechanismen erreicht, bei dormanten Zellen jedoch, wie sie für die gefrorenen Bodenschichten des Mars als typisch gelten, sind diese Mechanismen deaktiviert. Als Folge summieren sich die durch die Strahlung verursachten DNA-Schäden bis zu dem Punkt, an dem die Zelle schließlich dauerhaft funktionsuntüchtig wird.
Die kalkulierten Überlebenszeiten lagen bei nur wenigen Millionen Jahren. Das klingt zwar lang, ist aber angesichts der Zeit, die seit der „feuchten“ Periode des Mars vergangen ist, sehr kurz – zu kurz für Leben. Die Chance, lebendes Material in den bereits gesammelten und in unmittelbarer Zukunft entnommenen Proben zu finden sind daher mehr als dürftig. Erfolg versprechend, so die Wissenschaftler, wäre es höchstens, ganz spezielle, schwer zu erreichende Gebiete zu wählen, wie beispielsweise junge Krater oder Bereiche, an denen Wasser erst vor relativ kurzer Zeit an die Oberfläche trat.
Außerhalb der Reichweite heutiger Bohrer
„Es ist einfach nicht plausibel, dass ruhendes Leben innerhalb der ersten paar Meter unter der Oberfläche überlebt – angesichts der ionisierenden Strahlung“, erklärt Dartnell. „Selbst die abgehärtesten Zellen, die wir kennen könnten die kosmische Strahlung in der Nähe der Marsoberfläche nicht lange aushalten.“ Die Forscher stellten fest, dass einer der besten Plätze, um nach lebenden Zellen zu suchen im Wassereis des Elysium Gebiets sein könnte. Denn dieses gefrorene Meer gilt mit fünf Millionen Jahren als sehr jung und war daher nur kurze Zeit der Strahlung ausgesetzt. Zudem wirkt auch die Eisschicht als Schutz. Allerdings müsste selbst hier weitaus tiefer gebohrt werden als mit den bisherigen Instrumenten möglich.
„Mit diesem Model der Strahlungsintensität unter der Oberfläche und seinen Auswirkungen auf Zellen im Ruhezustand können wir relativ genau die benötigte Bohrtiefe für die Suche nach lebenden Zellen ermitteln“, so Dartnell. „Schon der Fund von Hinweisen darauf, dass Leben hier einst existierte – Proteine, DNA-Fragmente oder Fossilien – wäre eine große Entdeckung. Aber der heilige Gral für Astrobiologen wäre es, eine lebende Zelle zu finden, die wir aufwärmen, mit Nährstoffen füttern und dann für Studien aufwecken könnten.“
(University College London, 30.01.2007 – NPO)