Biologie

Plankton als Klima-Retter

Forscher entdecken biologischen Mechanismus für erhöhte CO2-Aufnahme in den Meeren

Mikroalgen unter dem Mikroskop: CO2-Fresser im Ozean. © A. Stuhr/ IFM-GEOMAR

Das Plankton, mikroskopisch kleine Organismen im Meer, erhöht seine CO2-Aufnahme mit steigenden Konzentrationen des Gases und trägt somit dazu bei, den Treibhauseffekt zu vermindern. Dies hat jetzt erstmals ein internationales Forscherteam bei einer natürlichen Planktongemeinschaft nachgewiesen. In Simulationen des zukünftigen Ozeans konnten die Forscher eine bis zu 39 Prozent erhöhte CO2-Aufnahme messen.

Die unerwartete Hilfe im Klimaschutz ist allerdings mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen für die Meeresökosysteme verbunden, so die Wissenschaftler unter Leitung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Nature. Eine verstärkte CO2-Nutzung durch das Meeresplankton beschleunigt die Versauerung der tiefen Ozeane, führt dort zu verstärkter Sauerstoffzehrung und könnte die Qualität des Planktons als Grundlage im marinen Nahrungsnetz verschlechtern.

Der Ozean ist der bei weitem größte Speicher von anthropogenem CO2 auf unserem Planeten. Bisher haben die Weltmeere etwa die Hälfte dieses vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgases geschluckt. Wird dies auch in Zukunft der Fall sein? In bisherigen Modellen über die weitere Entwicklung des globalen Klimasystems ist die Reaktion der Meeresorganismen und der von ihnen angetriebenen Prozesse bislang eine der großen Unbekannten.

Rückkopplungen auf das Klimasystem

„Ohne ein grundlegendes Verständnis des biologisch getriebenen Kohlenstoffkreislaufs im Meer und dessen Empfindlichkeit gegenüber Umweltänderungen lässt sich die Rolle des Ozeans im zukünftigen Klimageschehen nicht zuverlässig abschätzen.“, so Professor Ulf Riebesell, Meeresbiologe am IFM-GEOMAR und Erstautor der Studie.

Mit ihren Ergebnissen sind die Forscher diesem Verständnis ein Stück weit näher gerückt. Die Kieler Meereswissenschaftler und ihre norwegischen Kollegen haben gezeigt, dass sich aus den Reaktionen der Organismen auf den Ozeanwandel wichtige Rückkopplungen auf das Klimasystem ergeben können.

Experimente für die Zukunft: Mesokosmen im Raune Fjord, Norwegen. © IFM-GEOMAR

Um die Prozesse und ihre möglichen Veränderungen im zukünftigen Ozean so naturgetreu wie möglich zu untersuchen, nutzten die Forscher eine Versuchsanlage im norwegischen Raune Fjord südlich von Bergen, die wie eine Reihe überdimensionaler Reagenzgläser anmutet. In neun so genannten Mesokosmen, zehn Meter tiefe und 27 Kubikmeter Wasser fassende Schläuche, haben sie die heutigen und die für 2100 und 2150 prognostizierten CO2 Werte simuliert.

Die Reaktion der Planktongemeinschaft auf die erhöhten CO2 Gehalte ließ nicht lange auf sich warten. Je höher die CO2 Gehalte in den Mesokosmen, umso schneller haben die planktischen Mikroalgen das Treibhausgas über Photosynthese gebunden. CO2 als Dünger für den Ozean? Tatsächlich haben die Einzeller unter erhöhten CO2 Bedingungen bis zu 39 Prozent mehr Kohlenstoff gebunden.

„Es überrascht uns nicht, dass die Organismen auf die veränderten Bedingungen im Ozean reagieren. Womit wir nicht gerechnet haben ist die Tatsache, dass sie durch ihre Reaktion dem CO2 Anstieg in der Atmosphäre in diesem Maße entgegen wirken.“, fasst Riebesell die Ergebnisse zusammen.

Düngungseffekt beim Meeresplankton

Auch für Landpflanzen ist die Wachstumsfördernde Wirkung von erhöhten CO2-Gehalten bekannt, eine Eigenschaft die sich Landwirte zu nutze machen, indem sie CO2 künstlich in ihre Treibhäuser einleiten. Und wie sieht es mit dem Verbleib der wuchernden Biomasse im Ozean aus? Auch hierzu lieferten die Versuche im Raune Fjord einen Hinweis: Das zusätzlich gebundene CO2 sank zum Ende der Planktonblüte mit den absterbenden Algenzellen in die Tiefe.

Der Düngungseffekt beim Meeresplankton könnte sich durchaus positiv auf die Klimaentwicklung auswirken. Was durch die Mikroalgen in der oberen Schicht gebunden und in die Tiefe transportiert wird, erlaubt wiederum die verstärkte Aufnahme von zusätzlichem CO2 aus der Atmosphäre in den Ozean. Hierdurch wird die vom Menschen verursachte Zunahme des Treibhauseffekts ein Stück weit vermindert.

Allerdings verbraucht die in die Tiefe sinkende Algenbiomasse bei ihrem Abbau den für alle höheren Organismen lebenswichtigen Sauerstoff: je höher der Gehalt an organischem Kohlenstoff, umso stärker der Sauerstoffverbrauch. Eine weitere Folge: Mit dem beschleunigten CO2 Transport in die Tiefe schlägt sich auch die in der Oberfläche bereits messbare Ozeanversauerung schneller in die Tiefsee durch. Auch direkte Auswirkungen auf die Organismen sind zu erwarten, wie frühere Studien andeuten: Planktische Kleinkrebse, die mit Kohlenstoff reicheren Mikroalgen gefüttert wurden, reagierten mit geringerer Wachstumsrate und vermindertem Erfolg bei der Fortpflanzung.

Nur die Spitze des Eisberges?

Über die weitreichenden Folgen der Nature Studie zieht Riebesell das Fazit, „die von uns erzielten Erkenntnisse sind in dieser Hinsicht vermutlich erst die Spitze des Eisberges“. Er rechnet damit, dass Forscher bald auf weitere biologisch getriebene Rückkopplungsprozesse stoßen werden, die den Ozean und seine Rolle im zukünftigen Klimageschehen nachhaltig beeinflussen könnten. Die Untersuchungen in Bergen sind im Rahmen des EU-Projekts CARBOOCEAN durchgeführt worden.

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 12.11.2007 – DLO)

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