Ein neuer Weltrekord bei der Präzisionsmessung von optischen Frequenzen ist jetzt amerikanischen Physikern gelungen. Wichtig ist dies vor allem für die Entwicklung von noch genaueren Atomuhren. Die neuen Erkenntnisse verbessern die Präzision bereits um den Faktor zehn. Die Forscher berichten über ihren Erfolg in der Fachzeitschrift „Science“.
Der Lauf der Zeit kann schon heute extrem genau gemessen werden. Eine Reihe von Cäsium-Atomuhren auf der ganzen Welt geben uns die Sekunde vor. Die modernsten dieser Uhren zeigen heute eine Abweichung von nur wenigen Sekunden in 300 Millionen Jahren. Den Physikern ist das aber noch nicht genau genug. Sie forschen an optischen Atomuhren, die mit Lichtfrequenzen arbeiten und noch einmal um den Faktor 1.000 genauer sein sollen.
Wissenschaftlern am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder, USA, ist nun ein großer Durchbruch gelungen. „Meine Kollegen am NIST haben die Genauigkeit von zwei optischen Atomuhren um einen Faktor zehn gegenüber den besten bisherigen Uhren verbessert“, freut sich Piet Schmidt, der als Postdoc das Experiment in Boulder mit aufgebaut und erste Messungen daran
durchgeführt hat. Heute forscht er am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck.
„Um das zu beweisen, wurden die Frequenzen der beiden Uhren miteinander verglichen und eine Abweichung von nur 5,2 x 10 hoch -17 festgestellt. Das ist, wie wenn man den Abstand der Erde zur Sonne auf ein Zehntel des Durchmessers eines Haares bestimmen könnte, und damit ein Weltrekord“,
Uhr auf Basis von Quantentechnologie
Die Wissenschaftler in den USA benutzten einzelne Quecksilber- und Aluminium-Ionen in ihren optischen Atomuhren. „Das Aluminium-Ion hat einen sehr schmalen Uhrenübergang, der sich zudem als besonders resistent gegenüber äußeren Einflüssen gezeigt hat. Das Ion kann aber nur sehr schwer kontrolliert werden“, erklärt Schmidt. „Wir verwenden dafür Techniken, die auch für den Bau des Quantencomputers zum Einsatz kommen.“
Dabei wird dem Aluminium-Ion ein Beryllium-Ion zur Seite gestellt, das als eine Art Vermittler dient und sowohl bei der Laserkühlung als auch bei der Messung hilft. Diese so genannte Quantenlogik-Spektroskopie wurde von Schmidt und seinen Kollegen am NIST vor drei Jahren zum ersten Mal realisiert. Das Quecksilber-Ion kann hingegen direkt mit Lasern gekühlt und ausgelesen werden.
Laser als Schwungrad
Daher kommt hier die übliche Quantensprungspektroskopie zum Einsatz. Da die Ionen nicht kontinuierlich Signale für die Messung liefern, werden sie mit hochstabilen Lasern gekoppelt, die wie ein Schwungrad die Lichtfrequenz erhalten und durch regelmäßige Messungen an den Ionen immer wieder geeicht werden. Die Wissenschaftler können dann die Frequenzen der beiden Atomuhren mit Hilfe eines optischen Frequenzkamms vergleichen.
Diese Messungen sind allerdings extrem sensibel. So müssen zum Beispiel Effekte der Gravitation berücksichtigt werden. Der Abstand der beiden Atomuhren vom Erdmittelpunkt darf um nicht mehr als 10 cm differieren. Dies eröffnet aber auch neue Perspektiven für die Forscher. So könnten die Atomuhren in Zukunft auch zur Untersuchung des Gravitationsfelds der Erde verwendet werden.
Sind Naturkonstanten wirklich konstant?
„Besonders interessant sind aber Messungen über längere Zeiträume hinweg“, erklärt Schmidt. „Damit können wir nämlich überprüfen, ob sich fundamentale Naturkonstanten langfristig ändern. Und das wäre natürlich spektakulär, denn die gängige Theorie sieht so etwas nicht vor.“ Die Forscher in Boulder konnten mit ihren Messungen aber beruhigen: Die Feinstrukturkonstante alpha änderte sich über die Laufzeit von einem Jahr nicht signifikant.
Genau hier setzt Schmidt auch mit seinen neuen Experimenten in Innsbruck an. Er möchte die Änderung von Naturkonstanten weiter untersuchen und Messdaten generieren, die Astrophysikern helfen sollen, ihre Datenauswertung zu verbessern. Denn es gibt astrophysikalische Beobachtungen, die andeuten, dass sich die Feinstrukturkonstante alpha bei der Entwicklung des Kosmos verändert hat. „Wenn das neue Haus der Physik in Innsbruck gebaut wird, könnten wir dort dafür ähnliche Bedingungen schaffen, wie es sie in Boulder gibt“, hofft Piet Schmidt auf Unterstützung für seine Pläne.
(Universität Innsbruck, 07.03.2008 – NPO)