Schimpansen können Fremde beurteilen, indem sie deren Verhalten und Interaktionen in verschiedenen Situationen beobachten. Sie leiten daraus Vermutungen ab, ob ein Fremder über ein bestimmtes Wesensmerkmal verfügt oder nicht. Damit verhalten sie sich in dieser Beziehung menschenähnlich. Das ist das Ergebnis von Experimenten, die amerikanische Forscher durchführte und in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Animal Cognition veröffentlichten.
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Die Beurteilung des Charakters ist grundlegend für die zwischenmenschliche Interaktion. Sie kommt dann zum Tragen, wenn zukünftige Verhaltensweisen vorhergesagt werden müssen. Es kann davon ausgegangen werden, dass jede Spezies, die das Verhalten anderer einschätzt und die Folgen der weiteren Interaktionen absehen muss, über ein System der Zuordnung von Charakterzügen verfügt. Schimpansen verfügen über hoch entwickelte soziale Fähigkeiten und es ist nachgewiesen, dass Primate die Interaktionen Dritter beobachten und davon profitieren. Könnte es denn sein, dass sie über ein System verfügen, das ihnen – ähnlich wie den Menschen – eine Urteilsfähigkeit in vielen Kontexten ermöglicht?
Egoisten und Großzügige im Experiment
Anhand einer Versuchsreihe von drei Experimenten untersuchten Francys Subiaul von der George Washington University in Washington DC und seine Kollegen, in wiefern die Schimpansen das Wesen von Fremden indirekt durch Beobachten oder aber durch unmittelbare Erfahrungen kennen lernen. In einem ersten Experiment beobachteten sieben Schimpansen, wie fremde Menschen entweder vertrauten Menschen oder anderen Schimpansen Nahrung anboten – der großzügige Typ- beziehungsweise ihnen diese verweigerten – der eigennützige Typ.