Es ist schon paradox: Während regelmäßige körperliche Aktivität vor dem Risiko eines Herzinfarkts schützt, kann intensive körperliche Anstrengung das Kurzzeitrisiko für einen Infarkt steigern. Warum das so ist, das hat jetzt eine auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) vorgestellte Studie gezeigt.
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„Ausdauersport hilft, die Arteriosklerose der Herzkranzgefäße und damit Herzinfarkte zu vermeiden, dies ist nicht zuletzt ein Grund, dass Laufen und Jogging zu den beliebtesten Volkssportarten gehört“, erklärt Dr. Stefan Möhlenkamp von der Universität Essen. „Auch die Zahl der Marathonveranstaltungen und deren Teilnehmerzahlen haben sich in den vergangenen 25 Jahren fast vervierfacht.“ Doch das könnte auch gefährliche Folgen haben.
Marathonläufer untersucht
„Da die koronare Herzkrankheit während Sportveranstaltungen die häufigste Ursache von tödlichen und nicht-tödlichen Ereignissen bei älteren Sportlern ist, haben wir in der Marathonstudie die Häufigkeit der Koronarsklerose und einer Myokardschädigung bei 108 äußerlich gesunden, über 50-jährigen männlichen Marathonläufern untersucht“, so der Forscher. Anlass zur Studie war der Fall eines 63-jährigen Läufers, bei dem die Essener Forscher wenige Tage nach einem erfolgreich absolvierten Marathonlauf zufällig einen beschwerdefrei verlaufenden Herzinfarkt entdeckt hatten.
Die Teilnehmer an der Marathonstudie mussten 50 Jahre alt sein und in den vergangenen drei Jahren fünf Marathonwettkämpfe absolviert haben. Bei ihnen war keine Herzkrankheit bekannt und es lag kein Diabetes vor. Neben der Messung von Risikofaktoren wurden auch ein Computertomografie und eine magnetresonanztomografische Untersuchung des Herzens zum Auffinden von Herzmuskelschädigungen durchgeführt.
Stärkere Verkalkung der Herzkranzgefäße
„Es zeigte sich, dass die Marathonläufer ein um 50 Prozent geringeres kardiovaskuläres Risikoprofil im Vergleich zur gleichaltrigen Allgemeinbevölkerung haben. Die Ausprägung der Koronarverkalkung war aber ähnlich: In beiden Gruppen hatten 36 Prozent der Läufer einen Kalkscore, der ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko anzeigt. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit ähnlich günstigem Risikoprofil hatten die Marathonläufer sogar deutlich mehr Koronarkalk.“
Bei zwölf Prozent der Marathonläufer konnten Hinweise auf einen bislang nicht bekannten Herzmuskelschaden nachgewiesen werden. Läufer mit einer besonders hohen Kalklast und diejenigen mit sehr vielen absolvierten Marathonwettkämpfen hatten auch besonders häufig eine Herzmuskelschädigung.
Extrembelastung kann Herzmuskel schädigen
„In einer Vielzahl von Publikationen konnte gezeigt werden, dass Ausdauersport gesund ist, das Leben verlängert und die Lebensqualität verbessert. Marathonlaufen ist aber eine Extrembelastung“, zieht Möhlenkamp Bilanz. „Bei älteren vermeintlich gesunden Läufern liegt oft eine bedeutsame Koronarsklerose vor, deren Ausprägung durch Messung des kardiovaskulären Risikoprofils unterschätzt wird. Läufer mit ausgeprägter Arteriosklerose haben auch eine höhere Rate an unerkannten Herzmuskelschädigungen.“
Ob Marathonlaufen selbst zur Herzmuskelschädigung beitragen könne, müsse weiter untersucht werden, so der Experte. Sein Rat: „Bei älteren Läufern sollte also vor der Teilnahme an Marathonwettkämpfen und dem zugehörigen intensiven Training eine gründliche ärztliche Untersuchung durchgeführt werden, um ernsthafte Zwischenfälle zu vermeiden.“
(Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, 28.03.2008 – NPO)