Neurobiologie

Fairness macht glücklich wie Schokolade

Faire Angebote aktivieren körpereigenes Belohnungssystem im Gehirn

Das menschliche Gehirn reagiert auf Fairness ähnlich wie auf Schokolade oder Geld: Alle drei aktivieren das Belohnungssystem, wie Wissenschaftler jetzt in der Fachzeitschrift „Psychological Science“ berichten.

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Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in Los Angeles um Golnaz Tabibnia und Matthew D. Lieberman führten ein Experiment an Studenten der Universität durch, in dem sie deren Reaktion auf eine faire und eine unfaire Behandlung testeten. Die Probanden wurden gefragt, ob sie ein Angebot einer zweiten Person, Geld in einer bestimmten Art und Weise mit ihnen zu teilen, annehmen würden oder nicht. Die Forscher maßen während dieser Tests die Aktivität bestimmter Gehirnregionen.

Die anbietende Person wurde den Testpersonen jeweils als Foto auf einem Bildschirm präsentiert. Dabei waren einige Teilungsvorschläge fair, wie beispielsweise das Angebot, fünf Dollar von zehn oder zwölf Dollar zu erhalten, andere waren extrem ungleich, wie fünf Dollar von 23. Lehnten die Versuchspersonen das Angebot ab, erhielten weder sie noch der Anbieter etwas von dem Geld. „In beiden Fällen hätten die Probanden die gleiche Geldmenge erhalten“, erklärt Tabibnia, aber in dem einen Fall ist es fair geteilt, im anderen nicht.“

Faire Angebote aktivieren Belohnungssystem

Das Ergebnis: War das Angebot fair und wurde angenommen, wurden Regionen aktiv, die mit dem körpereigenen Belohnungssystem in Zusammenhang stehen. „Die Belohnungsregionen des Gehirns waren aktiver, wenn die Personen das Angebot von fünf Dollar von zehn erhalten hatten als wenn das Angebot fünf von 23 Dollar lautete“, erklärt Lieberman. „Wir nennen diese Entdeckung die ‚Sonnenseite der Fairness’, weil es uns die positive Erfahrung des Fair-Behandelt-Werdens vermittelt.“

„Ein faires Angebot aktiviert die gleichen Gehirnregionen wie das Essen unserer Lieblingsspeise, der Anblick eines schönen Gesichts oder der Gewinn von Geld“, ergänzt Tabibnia. Nach Ansicht der Forscherin könnte dies damit zusammenhängen, dass eine faire Behandlung eines unserer Grundbedürfnisse erfüllt. „Wir könnten grundsätzlich so verkabelt sein, dass wir Fairness als Belohnung sehen.“

Wechselspiel von Selbstkontrolle und Empörung

Bei Probanden, die ein unfaires Angebot ablehnten, blieb das Belohnungssystem inaktiv. Dafür registrierten die Forscher mehr Aktivität in der Insula, einer Gehirnregion, die mit Empfindungen von Empörung und Ekel in Verbindung steht. Besonders interessant war jedoch die Reaktion des Gehirns, wenn die Probanden ein unfaires Angebot trotzdem annahmen. Immerhin in knapp der Hälfte aller Fälle akzeptierten die Probanden Angebote von nur 20 bis 30 Prozent der Geldsumme. Bei diesen unfairen Transaktionen fehlte die Belohnungsreaktion, aber auch die Insula war deutlich inaktiver als bei den Personen, die das unfaire Angebot abgelehnt hatten. Stattdessen erwachte ein Areal zum Leben, das für die Steuerung von Emotionen verantwortlich ist, der präfrontale Cortex.

„Wir zeigen, was im Gehirn geschieht, wenn Leute ihren Stolz herunterschlucken“, so Tabibnia. „Die Gehirnregion, die mit Selbstkontrolle assoziiert ist wird aktiviert und der mit Empörung verbundene Bereich zeigt weniger Reaktion.“

(University of California – Los Angeles, 23.04.2008 – NPO)

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