Wer sich als “Underdog” fühlt, isst mehr und kalorienhaltiger als sozial etabliertere. Diese Verbindung von psychologischem Stress und der Entstehung von Übergewicht haben jetzt amerikanische Forscher an Rhesusaffen nachgewiesen. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift „Physiology and Behavior”.
Dass das Zuviel-Essen oft psychologische Gründe hat, ist nichts Neues. Aber wie genau hängen Ernährung, Stress und soziale und umweltbedingte Faktoren zusammen? Das haben jetzt Mark Wilson und seine Kollegen vom Yerkes National Primate Research Center der Emory Universität an einer Gruppe von Rhesusaffenweibchen untersucht. Sie testeten, ob Individuen, die chronisch einem psychologischen Stress ausgesetzt sind, dazu neigen, übermäßig kalorienreiche Nahrung zu sich zu nehmen.
Stress durch repressive Rangordnung
Als Studienobjekt wählten sie Rhesusaffenweibchen, da diese in Gruppen mit starker Hierarchie und starkem sozialen Druck organisiert sind. Die Rangordnung in diesen Gemeinschaften wird durch ständige Aggression und Einschüchterungen aufrechterhalten. Für rangniedere Tiere bedeutet dies kontinuierlichen psychologischen Stress.
Während des Experiments erhielten die Weibchen jeweils 21 Tage lang Zugang erst zu einer wohlschmeckenden, aber fettarmen Diät, dann zu einer sehr fettreichen. Dazwischen erhielten sie ebenfalls 21 Tage lang nur das normale Affenfutter. Um die Futteraufnahme genau kontrollieren zu können, entwickelten die Forscher automatisierte Futterspender, die durch einen ins Handgelenk der Affen eingepflanzten Mikrochip aktiviert wurden.
Essen bei Stress: viel und häufig
Nach Ablauf der Testphase zeigte sich, dass rangniedere Weibchen sowohl von der fettarmen als auch von der fetthaltigen Nahrung mehr zu sich nahmen. Sie aßen zudem zu jeder Tages- und Nachtzeit, die ranghohen Weibchen dagegen nur tagsüber und deutlich weniger. Als Folge nahmen die rangniederen Weibchen schnell zu und auch die Konzentration von fettbasierten Hormonen stieg bei ihnen deutlich an.
„Rangniedere sind damit quasi auf dem Weg zu Stoffwechselproblemen”, erklärt Wilson. „Wie die Studie zeigt, bevorzugen sie die fettreiche Nahrung. Als Folge des Stresses, dem sie ausgesetzt sind, haben sie auch höhere Spiegel des Hormons Kortisol. Dieses könnte die Verteilung von Fett in den Eingeweiden beeinflussen, etwas, was auch mit dem Diabetes Typ-2 metabolischen Syndrom in Verbindung gebracht wird.“
Mithilfe von bildgebenden Verfahren wollen Wilson und seine Kollegen als nächstes die neurochemische Basis des Stress-Essens ergründen. Als ersten Ansatz untersuchen sie, ob Gehirnareale und bestimmte Signalwege, die mit dem Belohnungssystem in Verbindung stehen, sich bei rangniederen und ranghohen Weibchen unterscheiden.
(Emory University, 14.05.2008 – NPO)