Einen äußerst ungewöhnlichen Pulsar – einen regelmäßig aufblitzenden „Leuchtturm“ im All – hat jetzt ein internationales Astronomenteam entdeckt. Er blinkt nicht nur extrem schnell, sondern umkreist auch einen Partnerstern auf einer merkwürdig elliptischen Bahn. Mit herkömmlichen Theorien lassen sich diese Eigenschaften nur schwer erklären, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Science“.
Der neu entdeckte Pulsar ist aus Astronomen-Sicht ein Winzling: Gerade einmal zehn Kilometer misst er im Durchmesser. Dabei wiegt er aber 1,74mal soviel wie unsere Sonne. „Damit ist er ungewöhnlich schwer“, erklärt Wouter Vlemmings vom Argelander-Institut für Astronomie an der Universität Bonn. Die geringe Größe ist aber normal: Pulsare entstehen, wenn massereiche Sterne explodieren.
Zurück bleibt ein extrem verdichteter Rest, ein so genannter Neutronenstern. Er sendet an seinen magnetischen Polen Radiowellen aus, die man noch in einer Entfernung von vielen Milliarden Lichtjahren auffangen kann. Da Pulsare rotieren, überstreicht der Strahl aus Radiowellen die Umgebung – ähnlich wie der Lichtfinger eines Leuchtturms. Für einen Beobachter sieht es so aus, als würde der Stern blinken – daher der Name „Pulsar“.
Extrem schnelle Rotation
Der jetzt entdeckte extraterrestrische Leuchtturm trägt die prosaischen Bezeichnung J1903+0327. Er ist gleich in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Einerseits, weil er sich extrem schnell um die eigene Achse dreht – genau 465mal pro Sekunde. Damit zählt er zu den schnellsten Pulsaren, die bislang gefunden wurden.
„Normalerweise sind diese Himmelskörper um den Faktor 100 langsamer“, erläutert Wouter Vlemmings. Es gibt allerdings Pulsare, die durch die Gravitation an einen nahen Nachbarstern gefesselt sind. Sie können ihrem Partner immer mehr Masse entreißen. „Sie essen ihren Nachbarn gewissermaßen auf“, sagt Vlemmings trocken.
Flotter Dreier im All?
Bei diesem Prozess vergrößert sich die Rotationsgeschwindigkeit des Pulsars. Außerdem verändert sich die Bahn, auf der die beiden Partner einander umtanzen, und wird immer kreisförmiger. „Nicht jedoch in unserem Fall“, betont der Bonner Astronom. „Die Bahn ist elliptisch, was sich durch gängige Theorien nicht erklären lässt.“ Eine mögliche Erklärung: Am galaktischen Ringelreihen ist noch ein dritter Partner beteiligt, der von der Erde aus nicht zu sehen ist. Bislang wurde so ein „flotter Dreier“ im All allerdings noch nie gefunden.
„Ausreißer“ als Prüfstein für Theorien
Entdeckt wurde J1903+0327 am größten Radioteleskop der Welt, dem Arecibo-Teleskop in Puerto Rico. 300 Meter misst die schüsselartige Antenne, mit der sich noch extrem schwache Signale auffangen lassen. Zum Vergleich: Das Effelsberg-Teleskop in der Eifel ist nur ein Drittel so groß. Der Fund erfolgte im Rahmen einer internationalen Studie unter Leitung des britischen Astronomen David Champion. Ziel der beteiligten Arbeitsgruppen ist es, möglichst viele Pulsare aufzuspüren.
„Pulsare können nicht nur wichtige Erkenntnisse über Entstehung und Aufbau des Universums liefern“, erläutert Vlemmings die Motivation. „An ihnen lassen sich auch Beobachtungen machen, die fundamentale physikalische Theorien stützen oder in Frage stellen. So lieferten sie einige überzeugende Daten für die Richtigkeit von Einsteins Relativitätstheorie.“
„Pulsare wie dieser sind es, warum wir derartige Studien durchführen“, ergänzt Champion. „Man möchte nicht einfach Hunderte von neuen Himmelskörpern entdecken. Uns interessieren die zwei oder drei, die sich merkwürdig verhalten. Und genau so einen Pulsar haben wir gefunden.“
(Universität Bonn, 16.05.2008 – NPO)