Chemie

Kein Zucker im Weltraum?

Schlüsselmolekül Hydroxycarben zu kurzlebig um Kohlenhydrate zu bilden

Zucker gilt als einer der Bausteine des Lebens. Sie könnten sich sowohl in der Ursuppe als vielleicht auch im Weltraum gebildet haben, indem Kohlenstoff spontan mit Wasser reagiert, so dachte man jedenfalls bisher. Doch eine jetzt in „Nature“ veröffentlichte Studie widerlegt diese Theorie. Ein wichtiges Zwischenprodukt der Reaktion, das Hydroxycarben, ist offenbar viel zu kurzlebig, um zu Zucker umgewandelt werden zu können.

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Wissenschaftler der Universität Gießen um die Chemiker Peter R. Schreiner und Hans Peter Reisenauer untersuchte das Reaktionsverhalten eines Schlüsselmoleküls der Zuckerentstehung aus Kohlenstoff und Wasser: Hydroxycarben (H-C-OH). Die Gruppe der Hydroxycarbene galt bisher als schwer zu fassen und noch schwerer zu synthetisieren. Doch den Forschern gelang nun die Bildung dieser Carbene, deren Kohlenstoffatom nur zwei Bindungen anstelle der üblichen vier besitzt, so dass dieses Molekül hochreaktiv ist.

Zu kurzlebig für Zuckerentstehung

Zur Überraschung aller ließ sich das Hydroxycarben zwar unerwartet leicht erzeugen und in einer Matrix aus festem Argon nahe am absoluten Nullpunkt nachweisen, doch verschwand es auf zunächst unerklärliche Weise binnen weniger Stunden. Die Forscher fanden heraus, dass sich das Hydroxycarben durch einen nicht-thermischen, quantenmechanischen Tunnel-Mechanismus mit einer Halbwertszeit von nur zwei Stunden in das Formaldehydmolekül umlagert. Damit ist auch die Beteiligung von Hydroxycarben an Reaktionen zur Bildung einfacher Zucker sehr unwahrscheinlich, da es einfach nicht lange genug überlebt.

Durch „Energieberg“ durch statt darüber hinweg

Und noch eine Überrschung trat in den Versuchen zutage: Die Umlagerung ereigniet sich, obwohl Hydroxycarben in einem tiefen energetischen Tal liegt und eigentlich nicht genug Energie besitzt, um die es umgebenden „Berge“ zu überwinden. Wie also konnte die Umnlagerung trotzdem stattfinden? Des Rätsels Lösung: Das Hydroxycarben bahnt sich seinen Weg einfach durch den nächsten „Berg“ hindurch. Dieses Phänomen wurde bisher für solch hohe Barrieren noch nie beobachtet.

Das bedeutet, dass viele Prozesse, bei denen Wasserstoffatome übertragen werden (zum Beispiel Reduktionen) möglicherweise überdacht werden müssen. Weiterführende Arbeiten an anderen Hydroxycarbenen werden erwartungsgemäß einen großen Einfluss auf das Verständnis einfacher Molekülreaktionen, aber auch von Liganden in der Metallkatalyse und von biochemischen Prozessen haben.

(Universität Gießen, 16.06.2008 – NPO)

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