Der Klimawandel verändert die Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten. Wollen sie überleben, müssen sie sich anpassen oder ausweichen. Wie sinnvoll ist es, bedrohten Arten, die nicht selbst oder nicht schnell genug auswandern können, dabei zu helfen, neue Gebiete zu besiedeln? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine jetzt in Science erschienene Studie.
Ein Team von Wissenschaftlern aus Australien, den USA und Großbritannien unter Leitung von Camille Parmesan von der Universität von Texas plädiert in ihrer neuen Studie dafür, der Natur in bestimmten Fällen nachzuhelfen um Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Der rapide Klimawandel und die zunehmende Einengung und Isolation von Lebensräumen durch den Menschen stellen fatale Barrieren für viele Spezies dar. Durch die menschengemachten Barrieren behindert, könnten sie es nicht rechtzeitig schaffen, vor der Erwärmung in neue, besser geeignete Lebensräume ausweichen.
Hilfe zur Migration
Die Wissenschaftler schlagen daher vor, den Artenschutz um eine neue Strategie zu erweitern, die so genannte assistierte Migration. Dabei hilft der Mensch einer Art bei der Umsiedlung in ein neues Habitat, indem er gezielt Individuen dorthin transportiert.
„Als ich diese Idee vor rund zehn Jahren in Artenschutztreffen zum ersten Mal aufbrachte, waren die meisten Leute entsetzt“, erinnert sich Parmesan. „Aber jetzt, wo die Realität des Klimawandels langsam durchsickert und bereits die ersten Arten davon bedroht sind und sogar aussterben, sehe ich eine neue Bereitschaft in der Artenschutz-Gemeinschaft, zumindest über die Möglichkeit zu reden, Arten zu helfen in dem wir sie umziehen.“
Die Forscherin betont, dass die assistierte Migration niemals eine allgemeine Lösung für alle wildlebenden Organismen sein könne, aber für einige Arten, die von den Biologen als wichtig genug eingestuft werden und die anderweitig aussterben würde, könnte sich diese Mühe lohnen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass sich diese Arten leicht sammeln, züchten oder umziehen lassen. Außerdem müssen ihre Anforderungen an ihren Lebensraum gut bekannt sein und es muss Alternativ-Habitate außerhalb ihres bisherigen Verbreitungsgebiets geben.
Umsiedlung nur bei Erfüllung der Kriterien
Die Forscher entwickelten eine von Kriterien, anhand derer eine Entscheidung über ein Umsiedeln gefällt werden könnte. Sie beinhalten beispielsweise Abschätzungen der Überlebenschancen im alten und neuen Siedlungsgebiet, den Kosten- und Zeitaufwand für die Umsiedlung, aber auch das Risiko für die im neuen Gebiet bereits beheimateten Arten. „Assistieren einer Migration bei Korallenriffen mag akzeptabel sein”, so Parmesan. „Aber Polarbären in die Antarktis zu transplantieren, wo die sie einheimische Pinguine wahrscheinlich ausrotten würden, wäre es definitiv nicht.“
Nach Ansicht der Forscherin wird die Entscheidung, ob man einer Art beim Umziehen hilft, wird ebenso von ethischen und ästhetischen Erwägungen geleitet sein wie von wissenschaftlichen. „Artenschutz war nie eine exakte Wissenschaft, aber die Artenvielfalt angesichts des Klimawandels zu erhalten erfordert ein fundamentales Neudenken dessen, was es bedeutet, die Biodiversität zu erhalten.“
(University of Texas, 21.07.2008 – NPO)