Mit einem weit verbreiteten Lebensmittelzusatz lässt sich der Tuberkulose-Erreger so austricksen, dass er gegen das Antibiotikum Ethionamid nicht länger resistent ist. Die Substanz macht einen bakterieneigenen „Ethionamid-Blocker“ unschädlich, wie Forscher nun in dem Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS) berichten.
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Es ist noch nicht lange her, dass auch in Europa Menschen an Tuberkulose – kurz Tb genannt – erkrankten und starben. Obwohl die Tb viel von ihrem Schrecken verloren hat, gehört die bakterielle Infektionskrankheit in Entwicklungsländern noch immer zum Alltag. Laut der WHO erkrankten 2006 weltweit rund neun Millionen Menschen an Tb und etwa 1,7 Millionen starben gar an der Krankheit.
Repressor und Enzym entscheidend
Das Problem ist, dass der Tb-Erreger, das Mycobacterium tuberculosis, inzwischen gegen verschiedene Antibiotika resistent ist. Einzig das Antibiotikum Ethionamid wirkt noch. Doch Ethionamid hat gravierende Nachteile: Dieses Mittel schädigt erstens in hohen Dosen die Leber. Zweitens ist ein Enzym (EthA) nötig, das Ethionamid in eine Substanz umwandelt, welche die Tb-Erreger wirksam bekämpfen kann. Wenn sich aber die Tb- erregenden Bakterien einmal in einer Zelle eingenistet haben, produzieren sie selber den Repressor EthR, welcher die Produktion von EthA blockiert. So wird die Wirksamkeit von Ethionamid verhindert.
Martin Fussenegger, Professor für Biotechnologie und Bioingenieurwissenschaften an der ETH Zürich und seinem Team ist es nun gelungen, den Blocker EthR aus dem Verkehr zu ziehen. Dadurch wird Ethionamid nicht nur wirksamer, es könnte auch – so die Vorstellung Fusseneggers – in kleineren Dosen eingesetzt werden und wäre damit für den Patienten besser verträglich.
Lebensmittelzusatz als Enzym-Blocker
Die ETH-Forscher sind überraschend auf eine Substanz gestoßen, die sich als EthR-Repressor hervorragend eignet: 2-Phenylethyl-Butyrat. Dieser Aromastoff mit dem komplizierten Namen ist ein alltäglicher Lebensmittelzusatz und in vielen Ländern, darunter den USA, zugelassen. Die Substanz sei weit verbreitet und deshalb auch günstig, sagt Fussenegger. „Natürlich ist es ein Glücksfall, dass wir so rasch auf diesen Stoff gestoßen sind, aber es ist der Vorteil der Synthetischen Biologie gewisse Eigenschaften von Substanzen schneller und genauer bestimmen zu können.“
Weil 2-Phenylethyl-Butyrat bereits in der Ernährung zugelassen ist, könnte der Stoff schon bald auch am Menschen getestet werden. Fussenegger ist überzeugt, dass die geplanten Tests an Mäusen positiv verlaufen würden.
(ETH Zürich, 25.07.2008 – NPO)