Wenn ein starker El Nino-Effekt den tropischen Pazifik in seinem Griff hält, dann reichen die Auswirkungen dieses Klimaphänomens bis in die Südpolarregion. Eisbohrkerne enthüllen, dass sich die Westantarktis immer dann besonders erwärmt, wenn die tropischen Klimakapriolen besonders stark ausgeprägt sind. Diese jetzt in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift “Proceedings of the National Academy of Sciences” erschienen Erkenntnis liefert Klimaforschern wertvolle Hinweise auf die zukünftige Entwicklung der extrem sensibel auf den Klimawandel reagierenden Polarregion.
Die Westantarktis steht zurzeit im Fokus der Klimaforscher – denn sie ist das am stärksten vom Klimawandel und einer Eisschmelze bedrohte Gebiet des eisigen Kontinents. Die brennendste Frage dabei: Wie schnell taut das Eis – geht es um Jahrzehnte oder doch Jahrhunderte? Die Antwort ist von globaler Bedeutung, denn immerhin bedeckt die knapp zwei Kilometer dicke Eisdecke eine Fläche der Größe Mexikos und könnte, wenn sie komplett abschmilzt, den Meeresspiegel weltweit um bis zu fünf Meter anheben.
Isotope im Eis enthüllen überraschenden Zusammenhang
Um mehr über die Faktoren zu erfahren, die die Klimaveränderungen der Westantarktis antreiben, analysierten Klimaforscher des amerikanischen National Center for Atmospheric Research (NCAR) und der Universität von Washington Eisbohrkerne, die 200 und 2002 an acht Standorten der Westantarktis entnommen worden waren. Aus den Anteilen von leichten und schweren Isotopen von Sauerstoff und Wasserstoff, den beiden Bausteinen des Eises, rekonstruierten sie die Klimaveränderungen der letzten hundert Jahre in diesem Gebiet. Finden sich mehr schwerere Isotope im Eis, deutet dies auf wärmere Perioden hin, leichtere auf kühlere.
Da die Kerne aus sehr schneereichen Gebieten stammten, lieferten sie eine ausreichend hohe zeitliche Auflösung, um sogar Temperaturveränderungen von einem Jahr zum nächsten erfassen zu können. Und genau das brachte eine überraschende Erkenntnis: Offenbar reagiert das Klima der Westantarktis hochsensibel nicht nur auf lokale Gegebenheiten, sondern auch auf das, was sich tausende von Kilometern entfernt im tropischen Pazifik abspielt.