In der Fähigkeit, ein Gesicht zu erkennen, gibt es deutliche kulturelle Unterschiede. Menschen aus westlichen Kulturkreisen erkennen ein Gesicht eher an seinen Einzelmerkmalen, Asiaten registrieren dagegen den Gesamteindruck. Dieser überraschende Widerspruch zur bisherigen Lehrmeinung zeigte sich in Experimenten schottischer Forscher.
Westler sehen einzelne Merkmale, Asiaten die Gesamtheit
In einer Serie von Experimenten werteten Wissenschaftler der Universität Glasgow die Augenbewegungen von Probanden aus verschiedenen Kulturkreisen und ihre Hirnaktivität mithilfe von modernen bildgebenden Verfahren aus. Dabei entdeckten sie überraschende Unterschiede in der Art und Weise, wie Angehörige westlicher und ostasiatischer Kulturen das Gesicht ihres Gegenübers mustern.
„Wir stellten fest, dass Westler dazu neigen, spezifische Merkmale im Gesicht eines Individuums anzuschauen, wie die Augen oder den Mund”, erklärt Roberto Caldara von der Universität von Glasgow. „Ostasiaten dagegen konzentrieren sich auf die Nase oder das Zentrum eines Gesichts, was ihnen einen allgemeineren Überblick über alle Merkmale gibt.“
Gesellschaft prägender als gedacht
Diese jetzt in der Fachzeitschrift „PloS One“ veröffentlichten Ergebnisse sind besonderes interessant, weil die Gesichtererkennung bisher immer als eine Fähigkeit galt, die universell bei allen Menschen nach dem gleichen Mechanismus abläuft. Die aktuelle Studie belegt nun aber, dass die Gesellschaft einen größeren Einfluss auf diese Fähigkeit hat als bisher angenommen.