Regensburger Wissenschaftler haben einen Botenstoff im Gehirn identifiziert, der für die übermäßige Passivität nach Verlust eines Partners verantwortlich ist – zumindest bei Mäusen. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Neuropsychopharmacology“.
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Wer kennt nicht die traurige Situation, sei es durch eigene Erfahrung oder aus dem Bekanntenkreis, dass der Verlust des Lebenspartners zur Antriebslosigkeit bis hin zur Depression führen kann. Dr. Oliver Bosch und Professor Inga Neumann von der Universität Regensburg konnten nun zusammen mit Kollegen von der Emory University in Atlanta (USA) einen Botenstoff im Gehirn identifizieren, der für diese psychischen Änderungen verantwortlich ist.
In ihrer Studie setzten die Forscher monogame Prärie-Wühlmäuse ein, die zu den fünf Prozent der Säugetiere mit lebenslanger Partnerschaft gehören. Eine plötzliche Trennung vom Weibchen führte in den Experimenten dazu, dass sich die „verwitweten“ Männchen sehr passiv verhielten, was von den Wissenschaftlern als depressives Verhalten interpretiert wurde.
Corticotropin Releasing Hormon verantwortlich
Interessanterweise hatte die Trennung einer sozialen Männchen-Männchen Beziehung keinerlei Einfluss auf dieses Verhalten. Damit konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der Verlust des Lebenspartners in diesem Tiermodell für Trauer tatsächlich vergleichbare psychische Auswirkungen auf das hinterbliebene Individuum hat.
In weiterführenden Untersuchungen ist es Bosch und seinen Kollegen dann schließlich sogar gelungen nachzuweisen, dass der Botenstoff Corticotropin Releasing Hormon und seine Rezeptoren im Gehirn für das Depressions-ähnliche Verhalten nach Partnerverlust verantwortlich sind.
„Es ist bekannt, dass dieser Botenstoff bei Stress vermehrt ausgeschüttet wird und auch im depressiven Patienten eine Rolle spielt. Wir stellen nun erstmals eine direkte Verbindung von Corticotropin Releasing Hormon zu depressivem Verhalten nach Verlust des Partners her“, so Bosch. Nach der Paarbindung – unabhängig von einer Trennung – wird dieser Botenstoff vermehrt in einer Gehirnregion produziert, die auch mit Emotionen in Verbindung gebracht wird.
Geladene Kanone
Überraschenderweise werden die negativen Effekte des Corticotropin Releasing Hormon aber erst sichtbar, wenn es zu einer Trennung vom Partner kommt. „Somit kann man sich dieses System wie eine Kanone vorstellen, welche durch die Paarbindung geladen, aber erst durch die Trennung abgefeuert wird“, erklärt Bosch.
In einem nächsten Schritt gelang es den Forschern dann das passive Verhalten durch die Manipulation der Rezeptoren des Botenstoffs aufzuheben. Sobald der Corticotropin Releasing Hormon im Gehirn nicht mehr wirken konnte, zeigten die antriebslosen getrennten Tiere wieder vermehrt aktives Verhalten und unterschieden sich nicht von denen, die nie getrennt wurden.
„Wir glauben“, so Neumann, „dass dieses fein-abgestimmte System im Gehirn zur Aufrechterhaltung der Partnerschaft und somit zur lebenslangen Treue beiträgt, indem die negativen psychischen Konsequenzen einer Trennung vermieden werden.“
(idw – Universität Regensburg, 24.10.2008 – DLO)