Der Sommermonsun ist der Regenbringer Asiens. Fällt er schwach aus, herrscht im Nordwesten Chinas Trockenheit. Wissenschaftler haben nun dieses Klimaphänomen untersucht und dabei faszinierende Parallelen zum Aufstieg und Fall von chinesischen Herrscherdynastien und zu Phasen sozialer Unruhen entdeckt.
Monsun als Regenbringer
Der Monsun ist für viele Länder Asiens ein Segen, denn er bringt die ersehnte Regenzeit und damit die Niederschläge, die für den Reisanbau wichtig sind. Doch die Stärke des Monsuns variiert und damit auch das Gebiet, das in den Genuss des Regens kommt. Ist er schwächer ausgeprägt, regnen sich die Wolken weiter südlich und östlich ab. Als Folge fehlen in den nordwestlichen Teilen Chinas die Sommerniederschläge.
Forscher der Universität von Minnesota in den USA und der Lanzhou Universität in China haben nun die Auswirkungen der Monsunschwankungen auf soziale Veränderungen und den Aufstieg und Fall der chinesischen Herrscherdynastien untersucht. „Die Winde des Sommermonsuns entstehen über dem Indischen Ozean und wehen dann nach China”, erklärt Hai Cheng von der Universität von Minnesota und Mitautor der Studie. „Wenn der Sommermonsun stärker wird, drängt er weiter nach Nordwesten, nach China hinein.“
Stalagmit verrät Niederschlagsmuster
Die Studie basiert auf Klimadaten, die die Forscher in der Wanxiang Höhle in der chinesischen Provinz Gansu, aufspürten. Sie analysierten die Ablagerungen eines 1,18 Meter langen Stalagmiten, dessen Schichten im Laufe der Jahrhunderte entstanden waren. Mithilfe der Konzentrationen der radioaktiven Elemente Uran und Thorium datierten die Forscher die einzelnen Schichten. Der Stalagmit bildete sich über 1.810 Jahre hinweg, die ältesten Ablagerungen stammen aus dem Jahr 109 vor Christus, die jüngsten aus dem Jahr 2003.
Anschließend analysierten die Wissenschaftler das Verhältnis zweier Sauerstoffisotope in den einzelnen Schichten. Dieses Verhältnis gibt Aufschluss darüber wie viel Regen in der Zeit der Ablagerung gefallen ist und damit auch, wie stark der Sommermonsun in dieser Region Chinas ausgeprägt war. Die verschiedenen Daten verglichen die Forscher dann wiederum mit Eckdaten der chinesischen Geschichte.
Schwacher Monsun am Ende dreier Dynastien
Das interessante Ergebnis: Die Perioden schwachen Sommermonsuns lagen jeweils in Zeitabschnitten, die in der chinesischen Geschichte durch soziale Unruhen und das Ende der jeweiligen Herrscherdynastie geprägt waren. So waren die Endphase der Tang Dynastie um 900, der Yuan Dynastie um 1360 und der Ming Dynastie um 1640 jeweils durch geringere Regenfälle und Trockenperioden gekennzeichnet.
Die Trockenperiode am Ende der Tang-Herrschaft fällt zudem zeitlich zusammen mit einer bereits zuvor bekannten Dürre am entgegengesetzten Ende der Erde, in Mittelamerika, wo sie den Fall des Reiches der Maya einläutete.
Goldene Ära durch starken Monsun
Umgekehrt läutete ein Zeitraum mit starkem Sommermonsun eine „goldene Ära” Chinas ein, die Herrschaft der Nördlichen Song Dynastie zwischen 960 und 1126. In dieser Zeit trugen die reichlichen Sommerregen zur Ausbreitung des Reisanbaus von Südchina bis in den Mittelbereich des Landes bei. In dieser Zeit wurde der Reis zu Chinas Hauptkulturpflanze und die Population des Landes verdoppelte sich. „Die Zu- und Abnahme der Sommermonsunregen sind nur ein Teil im Puzzle des sich verändernden Klimas und der Kulturen rund um die Welt“, erklärt Larry Edwards, Professor für Geologie und Geophysik an der Universität von Minnesota.
Klimaanomalien auch in Europa
Der starke Monsun während der Nördlichen Song Dynastie löste nicht nur üppige Regenfälle in China aus, er fällt auch zusammen mit der bekannten mittelalterlichen Warmzeit in Europa und Grönland. Während des späten 10. Jahrhunderts kolonisierten die Wikinger das damals eisfreie „Grüne Land“. Einige Jahrhunderte später, im 14. und frühen 15. Jahrhundert, fror Europa in der so genannten „Kleinen Eiszeit“, die Wikinger mussten dem vorrückenden Eis in Grönland weichen. In Asien herrschte währenddessen eine Phase sehr schwacher Monsune, die mit dem Ende der Yuan Dynastie zusammentraf.
Menschliche Einflüsse verändern Monsunmuster
Doch die Studie hatte noch ein zweites, bedenkliches Ergebnis: Die Wissenschaftler entdeckten einen Zusammenhang zwischen der globalen Durchschnittstemperatur und der Stärke des Monsuns. Während der untersuchten 1.810 Jahre nahm die Stärke des asiatischen Sommermonsuns immer dann zu, wenn die Temperaturen anstiegen. 1960 allerdings kippte dieses Verhältnis: Seither schwächt sich der Monsun ab und die Trockenheit in Nordwestchina verstärkt sich, obwohl die Temperaturen weiter steigen. Nach Ansicht der Forscher ist dies ein Anzeichen dafür, dass die jüngste Abschwächung durch menschliche Aktivitäten beeinflusst wurde.
Sollte das vom Menschen freigesetzt Kohlendioxid der entscheidende Einflussfaktor sein, dann wären auch in Zukunft Dürren in Nordchina, der Inneren Mongolei und anderen Randgebieten des Monsuns zu erwarten. Sind jedoch vor allem die Emissionen von Ruß und Schwebeteilchen die ausschlaggebenden Faktoren, dann könnte dieser Trend durch saubere Technik noch umgekehrt werden.
(University of Minnesota, 10.11.2008 – NPO)