Wenn wir Entscheidungen unter Zeitdruck treffen, gilt es, eine sichere Balance zwischen schnellen und möglichst akkuraten Lösungen zu finden. Wie unser Gehirn dies schafft, hat nun ein internationales Wissenschaftlerteam herausgefunden. Die Forscher berichten in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS), dass daran vor allem zwei Gehirnareale beteiligt sind.
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In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 19 Versuchspersonen mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), während diese an einem psychologischen Experiment teilnahmen. Die fMRT ermöglicht es dabei, die Stoffwechselaktivität von Hirnarealen bildlich darzustellen.
Am Anfang eines jeden Durchgangs wurden die Versuchspersonen instruiert, entweder besonders schnell, besonders akkurat oder schnell und akkurat zu entscheiden. Die Versuchspersonen mussten mittels eines rechten oder linken Tastendrucks beurteilen, ob sich eine Punktwolke nach rechts oder nach links bewegt.
Zwei Hirnregionen regulieren schnelle und akkurate Entscheidungen
Die Wissenschaftler der Universität Amsterdam, vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und der Universität Newcastle in Australien stellten mittels eines mathematischen Modells fest, dass es große interindividuelle Unterschiede zwischen den Versuchspersonen gab. Einige Probanden waren sehr effizient in der Balancierung zwischen schnellem und akkuratem Antworten, andere hingegen zeigten ein weniger flexibles Verhaltensmuster.
Im Gehirn waren das prä-supplementär-motorische Areal (prä-SMA), das Teil der Großhirnrinde ist, und die Basalganglien (anteriores Striatum) an der Regulierung von schnellen und akkuraten Entscheidungen in besonderer Weise beteiligt. Als Basalganglien werden Kerne, beziehungsweise Kerngebiete zusammengefasst, die in jeder Hirnhälfte unterhalb der Großhirnrinde liegen. Sie sind für funktionelle Aspekte motorischer, kognitiver und limbischer Regelungen von großer Bedeutung.
Individuelle Unterschiede
Besonders bemerkenswert am Resultat der Studie ist nach Angaben der Forscher, dass die Stärke der Aktivierung in diesen Arealen durch individuelle Unterschiede moduliert ist. Versuchspersonen, die eine effiziente Balance zwischen schnellen und langsamen Entscheidungen herstellen können, zeigen stärkere Aktivierungen als Versuchspersonen, die weniger flexibel sind.
„Uns interessierte dabei, ob die neurobiologischen und mathematischen Theorien zu diesem Thema mit neurowissenschaftlichen Methoden kombiniert werden können“, erklärt Birte Forstmann, die leitende Wissenschaftlerin des Projekts. „Dabei wollten wir eine Brücke zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen in der Psychologie schlagen, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die jeder Einzelbereich für sich nicht liefern kann.“
Hirnfunktionen besser verstehen
Von besonderer Bedeutung ist, so die Forscher, dass formale mathematische Modelle wesentlich spezifischere Annahmen über unser individuelles Entscheidungsverhalten liefern als intuitiv formulierte Hypothesen.
Mit diesen Ergebnissen verdeutlicht das Team von Neurowissenschaftlern und mathematischen Psychologen, dass interindividuelle Unterschiede in unserem Entscheidungsverhalten mit der Aktivität in bestimmten Hirnarealen korrelieren, und liefern somit einen wichtigen Beitrag für das Verstehen von Hirnfunktionen generell.
(idw – MPG, 14.11.2008 – DLO)