Nanotechnologie

Nanofabriken wie von Geisterhand

Forscher erzeugen synthetische Nanobauwerke per Selbstorganisation

Im Innern von Zellen ordnen sich Enzyme von selbst an und bilden so molekulare Fabriken, die zum Beispiel im Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielen. Die Natur erreicht dies durch das grundlegende Prinzip der molekularen Selbstorganisation. Wie wäre es, dieses Prinzip zu nutzen, um so eine Molekülfabrik einfach nachzubauen? Münchner Wissenschaftler sind diesem Ziel einen entscheidenden Schritt näher gekommen.

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Mit einem Rasterkraftmikroskop können sie Moleküle im Labor in vorgegebenen Strukturen auf wenige Nanometer, also Millionstel Millimeter genau, zu Mustern anordnen. In einem zweiten Schritt dienen diese Muster dann als „Grundmauern“ für komplexere Strukturen, die sich selbstständig anordnen. Ein Vorteil der Methode: Der Zusammenbau der Moleküle lässt sich live beobachten, so dass Fehler sofort korrigiert werden können, berichten die Forscher um Professor Hermann Gaub von der Universität (LMU) München in der Fachzeitschrift „Nano Letters“.

Wenn in Organismen einzelne Moleküle zu komplexen Strukturen zusammengefügt werden, geschieht das meist automatisch ohne äußeres Zutun. Manche Molekülbausteine haben an ihrer Außenseite eine Art Schloss, andere Moleküle verfügen über den Schlüssel dazu. Die zueinander passenden Bausteine verbinden sich automatisch miteinander, sobald sie sich berühren. Nach diesem Prinzip der Selbstorganisation bilden sich komplexe Strukturen innerhalb von Zellen, und auch ganze Organismen entstehen auf diese Weise.

Komplexe Muster aus Nanobausteinen

Die Physiker Elias Puchner und Stefan Kufer am Lehrstuhl für Angewandte Physik der LMU machten sich dieses Prinzip nun zunutze, um Nanobausteine zu komplexen Mustern zusammenzufügen. Bereits seit einiger Zeit können die Forscher mit dem Rasterkraftmikroskop (AFM) wie mit einem Kran Moleküle nanometergenau von einem Depot aufnehmen und an einer vorgegebenen Stelle wieder absetzen. Als Haken für die Moleküle fungieren dabei DNA-Abschnitte mit unterschiedlicher Klebrigkeit an ihren Enden.

Die erprobte Methode kombinierten die Physiker nun mit dem Prinzip der Selbstorganisation. Sie legten mit dem Rasterkraftmikroskop zunächst Muster aus Biotin-Molekülen an, besser bekannt als Vitamin H. Im nächsten Schritt dienten die Biotin-Moleküle dann als Ankerpunkte für Streptavidin-Moleküle, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip genau zum Biotin passen. An den durch die Biotin-Moleküle vorgegebenen Positionen lassen sich so beliebige Nanobausteine platzieren.

Jeder dieser Bausteine muss dazu nur vorher mit einem Streptavidin-Molekül versehen werden. Sobald diese Schlüsselmoleküle in die Nähe der Biotin-Positionen kommen, ordnen sie sich nach den gleichen Mustern an. Gaub schwärmt: „Das ist so, als müsste man zum Bau einer Burg nur einen Haufen Bausteine auf einem Grundriss ausschütten. Der eigentliche Bau entstünde dann von selbst.“

Strukturen aus verschiedenen Nanokristallen

Seinen Mitarbeitern gelang auf diese Weise, Strukturen aus verschiedenen Nanokristallen herzustellen. Einen wichtigen Vorteil der Technologie erläutert Gaub so: „Will man funktionale Nanosysteme aufbauen, kommt es vor allem auf die präzise Positionierung der Bausteine an. Bei unserer Technik kann man die Moleküle live beim Zusammenbau beobachten. Dadurch lassen sich Fehler sofort korrigieren.“

Für die Methode sind viele neue Anwendungen denkbar. So könnten in Zukunft durch das gezielte Aneinanderreihen von Enzymen ganze Molekülfabriken geschaffen werden. Darin ließen sich dann beispielsweise Zellulose-Ligninkomplexe für die Energiegewinnung aufspalten. Mit derartigen künstlichen Enzymkomplexen könnten auch solche Pflanzen zur Produktion von Bio-Kraftstoff genutzten werden, die nicht als Nahrungsmittel benötigt werden.

(idw – Universität München, 17.11.2008 – DLO)

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