Astronomie

Exoplanet umkreist Roten Riesen gefährlich nah

Umlaufbahn auf „Tuchfühlung“ enthüllt mögliche Tabuzone

Roter Riese © ESO

Ein amerikanisch-polnisches Astronomenteam hat einen Planeten entdeckt, der einen Roten Riesen auf einer gefährlich engen Bahn umkreist. Wie die Astronomen berichten, gibt es möglicherweise eine „Tabuzone“ für planetare Umlaufbahnen nahe der Roten Riesen, in denen sich keine Planeten befinden obwohl sie dort theoretisch kreisen könnten ohne gleich verschlungen zu werden.

Seit langem ist bekannt, dass Sterne sich gegen Ende ihres Lebens ausdehnen. Dabei verschlingen sie auch Planeten, die sie auf nahen Umlaufbahnen umkreisen. Auch die Sonne wird eines Tages, in rund einer Milliarde Jahren, sich soweit aufgebläht haben, dass sie bis zur Erdumlaufbahn reicht. Was allerdings die Astronomen bisher nicht vollständig aufgeklärt haben ist die Frage, wie alternde Sterne nahe Planeten beeinflussen unmittelbar bevor sie sie verschlingen.

Planet auf Tuchfühlung

Jetzt hat ein Team von amerikanischen und polnischen Astronomen einen Exoplaneten entdeckt, der seinen Zentralstern, einen Roten Riesen, näher umkreist als jeder andere bekannte Planet. Der Stern HD 102272 liegt rund 1.200 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Löwe. Der ihn umkreisende neu entdeckte Himmelskörper hat die rund sechsfache Masse des Jupiter, des größten Planeten in unserem Sonnensystem.

Gibt es einen zweiten Planeten?

Die Forscher entdeckten ihn mithilfe eines Spektrographen am Hobby-Eberly Teleskop im Südwesten von Texas. Dieser registrierte feinste Schwankungen in den Spektrallinien des vom Roten Riesen ausgesendeten Lichts. Sie reflektieren das leichte Taumeln des Sterns, ausgelöst durch die Schwerkrafteinwirkung eines oder mehrerer Planeten in der Umlaufbahn. Ausgehend vom Muster der Spektrallinien schließen die Forscher nicht aus, dass sogar noch ein weiterer Planet im System existiert. Wenn sich dies bestätigt, wäre HD 102272 das erste jemals entdeckte Mehrplanetensystem um einen Roten Riesen.

Tabuzone um alle Roten Riesen?

Der seinen Roten Riesen sehr nah umkreisende Exoplanet gibt wertvolle Einblicke in die Gesetzmäßigkeiten von alternden Planetensystemen. „Wenn rote Riesen sich ausdehnen, neigen sie dazu, nahe liegende Planeten zu verschlingen“, erklärt Alexander Wolszczan, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Pennsylvania State Universität und Entdecker des ersten jemals nachgewiesenen extrasolaren Planeten. „Obwohl der von uns entdeckte Planet noch näher am Stern sein könnte, ohne Schaden zu nehmen, scheint es eine Zone der Vermeidung um solche Sterne zu geben, die rund 0,6 Astronomische Einheiten umfasst.“ Das entspricht wenig mehr als der halben Distanz der Erde zur Sonne.

Nach Ansicht der Forscher ist es jetzt wichtig herauszufinden, warum es diese Tabuzone gibt und Planeten nicht näher an ihren Zentralstern heranrücken, auch wenn es theoretisch möglich wäre. „Einer unserer nächsten Schritte wird es sein, dass wir versuchen zu erkunden, warum diese Zone der Vermeidung existiert und ob sie um alle Roten Riesen vorkommt“, so Wolszczan.

Eismond Europa als warme Meereswelt?

Für den Forscher ist das Spannende an seiner Entdeckung, dass das Wissen um die Effekte von alternden Sternen auch auf die Zukunft unseres Sonnensystems übertragen werden kann. „Eines Tages wird auch unsere Sonne ein Roter Riese werden und es ist interessant darüber nachzudenken, was dann mit den äußeren Planeten des Sonnensystems geschehen wird, wenn die Sonne sich ausdehnt“, erklärt er. „So ist beispielsweise Europa, einer der Monde des Jupiter, heute mit Eis bedeckt. Aber wenn die Sonne näherkommt, könnte es zu einer warmen Meereswelt werden, die möglicherweise sogar Leben hervorbringen könnte.“

(Penn State Universität, 21.11.2008 – NPO)

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