Mathematik

Impfung verhindert Multiple Sklerose im Tiermodell

Behandlung von Zellen mit Chemotherapeutikum schützt sie vor eigener Abwehr

Rund 80.000 Menschen in Deutschland leiden an Multipler Sklerose: Ihr Immunsystem attackiert und zerstört gesundes Nervengewebe. Wissenschaftlern am Universitätsklinikum Heidelberg und am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg ist es jetzt gelungen, Mäuse mit speziell präparierten, körpereigenen Immunzellen zu impfen und die Erkrankung an einer der Multiplen Sklerose ähnlichen Nervenentzündung zu verhindern. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) veröffentlicht.

Transplantationsforschung führte zu Impfung

Das Forscherteam am Universitätsklinikum Heidelberg um Professor Peter Terness arbeitet eigentlich in der Transplantationsmedizin und entwickelt vorrangig Methoden, die die Abstoßung des Spenderorgans nach einer Transplantation verhindern, ohne dabei das Immunsystem zu beeinträchtigen. „Die Impfung gegen die Multiple Sklerose folgt dem selben Prinzip“, erklärt Terness. „Wir müssen dem Immunsystem beibringen, das Spenderorgan, oder in diesem Fall die eigenen Nervenzellen, nicht als Fremdkörper zu bekämpfen.“

Im Rahmen ihrer Forschung zur Organabstoßung hatten die Wissenschaftler im Tierversuch spezielle Immunzellen, die so genannten Dendritischen Zellen, eines Spendertieres mit dem Chemotherapeutikum Mitomycin behandelt und diese vor der Transplantation dem Organempfänger injiziert – mit Erfolg: Die veränderten Zellen wurden nicht angegriffen. Später akzeptierte das Immunsystem des Transplantatempfängers auch das Gewebe des Spendertiers. Die Ergebnisse sind 2007 in „Transplantation“ veröffentlicht worden.

Behandelte Zellen unterdrücken die Immunantwort

Nun setzte das Team um Professor Terness dieses Verfahren dazu ein, die schädliche Immunantwort auch bei Multipler Sklerose zu unterdrücken: Dafür platzierten sie in Zusammenarbeit mit Thilo Oelert vom Deutschen Krebsforschungszentrum auf der Zelloberfläche der Immunzellen ein Eiweiß des Nervensystems, das bei Multipler Sklerose Angriffspunkt der schädlichen Immunreaktion ist. Anschließend wurden die Zellen wieder mit Mitomycin behandelt und den Spendertieren zurück injiziert.

Daraufhin ließ sich bei diesen Mäusen die Experimentelle Autoimmune Enzephalitis – dem Pendant der Multiplen Sklerose beim Menschen – nicht mehr auslösen, sie waren resistent. „Die behandelten Zellen präsentieren das Zieleiweiß und unterdrücken gleichzeitig die Immunantwort. Dadurch gewöhnen

sich die Immunzellen an das Protein und attackieren es später auch ohne Hemmstoff nicht mehr“, erklärt Terness.

Die Wissenschaftler wollen nun untersuchen, ob diese Methode auch bei bereits bestehender Multipler Sklerose greift. Im Tierversuch soll getestet werden, ob die Impfung mit behandelten, körpereigenen Zellen nicht nur eine vorbeugende, sondern auch eine therapeutische Wirkung besitzt.

(Universitätsklinikum Heidelberg, 28.11.2008 – NPO)

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