Paläontologie

Schildkröten-Urahn widerlegt Knochenschuppen- Theorie

220 Millionen Jahre altes Fossil gibt ersten Hinweis zur Evolution des Panzers

Odontochelys semitestacea © Marlene Hill Donnelly / Field Museum

Wie kamen Schildkröten zu ihrem Panzer? Eine Antwort auf diese Frage liefert jetzt ein in China neu entdecktes Fossil: Denn die 220 Millionen Jahre alte Urzeit-Schildkröte hat eine noch unvollständige Schutzschale und gibt damit einen Einblick in die Evolution des Panzers. Die jetzt in „Nature“ veröffentlichte Studie widerlegt damit auch die Theorie, dass sich der Panzer aus Knochenschuppen der Haut entwickelt hat.

Seit dem Zeitalter der Dinosaurier haben sich die Schildkröten kaum verändert, schon damals besaßen sie einen stabilen Knochenpanzer, der ihren gesamten Rumpf schützte. Die Haut einiger heute lebender Reptilien, wie beispielsweise der Krokodile, ist mit knöchernen Schuppen besetzt, vermutlich war dies auch bei den Dinosauriern ähnlich. Daher gingen bisher einige Forscher davon aus, dass sich auch die Panzer der Schildkröten aus solchen so genannten Osteodermen entwickelt haben könnten.

Verbreiterte Rippen statt Hautschuppen

Mit dem Fund eines ersten Schildkrötenfossils aus dem Trias mit unvollständigem Panzer konnte diese Theorie nun überprüft und gleichzeitig widerlegt werden. Das Relikt wurde in der chinesischen Provinz Guizhou nah der Stadt Guiyang entdeckt und ist 220 Millionen Jahre alt. Olivier Rieppel, Leiter der Geologischen Abteilung des Chicagoer Field Museums, hat nun gemeinsam mit chinesischen und kanadischen Kollegen das Fossil genauer untersucht.

Die Odontochelys semitestacea – Halbschalenkröte mit Zähnen – getaufte Art hatte offenbar keine Knochenschuppen und von der Schale nur die untere Hälfte. Der Rückenpanzer ist nur unvollständig ausgebildet und scheint ein Fortsatz ihrer Wirbelsäule und Rippen zu sein.

Neuerfindung der Natur

Dies passt zu Untersuchungen der Embryonalentwicklung von heutigen Schildkröten die zeigen, dass sich bei diesen die Wirbelsäule und Rippen allmählich verbreitern und dann verschmelzen. „Dies ist die erste Schildkröte mit einer unvollständigen Schale“, erklärt Rieppel. „Der Panzer ist eine evolutionäre Innovation. Unser Tier sagt den Leuten jedenfalls, dass sie die Idee von Schildkrötenahnen mit Osteodermen vergessen können.“

Nach Ansicht des Forschers lebte Odontochelys vermutlich vorwiegend im Wasser. Der Halbpanzer schützte dann beim Schwimmen in Oberflächennähe den empfindlichen Bauch vor Angriffen durch Fressfeinde von unten. „Reptilien, die auf dem Land lebten, hatten ihre Bäuche nah am Boden und waren dadurch weniger Gefahr ausgesetzt“, so Rieppel.

(Field Museum, 01.12.2008 – NPO)

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