Klima

Bio-Sprit aus Regenwäldern verstärkt Klimawandel

Studie: Erst nach 75 bis 93 Jahren positive Ökobilanz möglich

Der Handel mit Biosprit boomt, nicht zuletzt durch Subventionen in den Industrieländern, mit denen die Treibhausemissionen dort reduziert werden sollen. Doch so einfach und schnell geht diese Rechnung nicht auf, wie jetzt eine internationale Forschergruppe berechnet hat.

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Erst nach 75 Jahren, so die Wissenschaftler, kompensieren die durch die Verwendung der Biokraftstoffe reduzierten Kohlenstoffemissionen den Regenwaldverlust. Wird der Urwald gerodet, sei das Treibhausgas erst nach 93 Jahren und bei einem Kohlenstoffreichen Torfwald gar erst nach 600 Jahren eingespart, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift „Conservation Biology“.

Tropische Regenwälder sind gewaltige Kohlendioxid-Speicher, sie filtern Treibhausgase aus der Emission und binden es. In Südostasien müssen jedoch jährlich mehr als zwei Millionen Hektar Tropenwald für den Anbau der wirtschaftlich einträglichen Palmölplantagen weichen. Beim Abholzen und insbesondere beim Brandroden der tropischen Hölzer gelangt das gespeicherte Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre und forciert dort den Treibhauseffekt.

Grasflächen besser geeignet

Ganz anders verhält es sich, wenn Biokraftstoffe auf weniger wertvollen Grasflächen angepflanzt werden, die keine vergleichbaren Mengen an Kohlenstoff speichern. Dort könne bereits nach zehn Jahren eine positive Kohlenstoffbilanz gezogen werden, so die Berechnungen der elf Wissenschaftler aus sechs Ländern.

„Nicht nur das Klima leidet unter der Rodung der Regenwälder, auch die Artenvielfalt ist bedroht“, erklärt der Umweltwissenschaftler und Mitautor der Studie Carsten Brühl von der Universität Koblenz-Landau.

Palmölplantagen verdrängen wertvollen Regenwald

Und der Boom mit den Biokraftstoffen, die als umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen gepriesen werden, dauert an. Eines der wichtigsten Bioöle wird von der Ölpalme gewonnen, die gerade in Südostasien zur wichtigsten Kulturpflanze avanciert ist. Die Plantagen zur Gewinnung des pflanzlichen Öls erstrecken sich dort bereits auf 130.000 Quadratkilometer, das entspricht ungefähr einem Drittel der Fläche Deutschlands.

Höherer Emissionsausstoß in den Tropen

Finn Danielsen, Erstautor der Studie und Biologe bei der dänischen „Nordic Agency for Development and Ecology“ (NORDECO) sieht diese Entwicklung mit großen Bedenken: „Länder in Europa und Nordamerika subventionieren den Kauf von tropischen Biokraftstoffen, um ihre im Transport anfallenden Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Doch während sich diese Länder bemühen, ihren Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll nachzukommen, verursachen sie damit einen höheren Emissionsausstoß in den tropischen Ländern und bewirken, dass ein anderes Abkommen, und zwar die Konvention über die biologische Vielfalt, gebrochen wird.“

Ölpalmplantagen sind keine Alternative für die Pflanzen- und Tiervielfalt, die es in tropischen Regenwäldern gibt. „Auf den ersten Blick scheinen Ölpalmplantagen reich an Pflanzen“, erläutert der Botaniker Hendrien Beukema von der niederländischen Universität Groningen. „Doch ein Vergleich der Flora zwischen Regenwald und Plantage zeigt ganz deutlich, dass die Artenvielfalt stark leidet.“

So fehlen beispielsweise bedeutende Pflanzengruppen der tropischen Regenwälder wie Bäume, Lianen, Orchideen oder Palmen gänzlich in den Plantagen. Als Grund nennt Beukema: „Waldpflanzen benötigen Schatten und ein ungestörtes Habitat zum Überleben. Diese Voraussetzungen sind in den sonnendurchfluteten Plantagen nicht zu finden.“

Riesiger Kohlenstoff-Speicher

Der Schutz der noch existierenden Rest-Urwälder käme somit nicht nur dem Klima sondern auch dem Erhalt der Biodiversität zugute, so Daniel Murdiyarso vom Center for International Forestry Research (CIFOR) in Indonesien. Tropische Wälder beheimaten mehr als die Hälfte der terrestrischen Tierarten der Welt. Die Wälder Südostasiens zählen zu den artenreichsten. Und sie sind ein riesiger Kohlenstoff-Speicher: Bis zu 46 Prozent des lebenden Kohlenstoffs der Welt ist in den Tropenwäldern gebunden. Ein Viertel der Gesamtkohlenstoffemissionen werden durch Entwaldung verursacht.

„Tropischen Regenwald zu fällen, um vermeintlich ‚umweltfreundliche‘ Kraftstoffe anzubauen, ist ein großer Widerspruch“, erklärt Mitautor Faizal Parish vom Global Environment Center in Malaysia. Die Massenrodung sei nicht nur in Südostasien ein Problem, sondern auch in Lateinamerika. Dort müssten Wälder großen Anbauflächen für Soja weichen.

Nachhaltige Biokraftstoffproduktion gefordert

Die Wissenschaftler rufen daher zu einer Entwicklung gemeinsamer, globaler Standards für die nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen auf. Die Rodung von Urwäldern muss zwingend eingestellt werden, zu Gunsten des Klimas und der Artenvielfalt. Biokraftstoffplantagen in tropischen Waldregionen sollten nur noch auf bereits stark degradierten ehemaligen Waldflächen oder Grasflächen erfolgen, so die Forscher.

(idw – Universität Koblenz-Landau, 03.12.2008 – DLO)

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