Dabei handelt es sich um morphologisch klar voneinander unterscheidbare Einheiten im megaurbanen System der Stadt, die die Entwicklung vom ländlichen zum städtischen Raum begründeten und Guangzhou bis heute permanent neu formen und verändern.

Umwidmung: private Gestaltungselemente © Katharina Wiethoff
Stadt im Wandel
Durch das stetige Bevölkerungswachstum steigt die Nachfrage nach Wohnraum in Guangzhou rasant und die Stadtplanung ist vor große (infra-) strukturelle Probleme gestellt. Eine geeignete Lösung ist bisher nicht in Sicht.
„Vorhandene Gebiete werden in umfangreichem Maße durch zumeist informelle An-, Auf- und Umbauten verdichtet. Alte Gebäude, die aufgrund ihrer Struktur nicht mehr erweiterungsfähig sind, werden abgerissen und durch sechs- bis achtgeschossige Mietshäuser ersetzt“, erklärt Katharina Wiethoff vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen.
Diese dienen der lokalen Bevölkerung als häufig informelle Einnahmequelle und beherbergen Migranten, die auf der Suche nach Arbeit aus den benachbarten Provinzen in die Stadt kommen.
Die Aachener Wissenschaftler verfolgen den Ansatz, auf der Ebene der urban units räumliche und strukturelle Verknüpfungen und Wechselwirkungen zwischen den units sowie interne Veränderungsprozesse zu identifizieren und zu analysieren.
Vier urban units ausgewählt
„Auf der Basis von stadtmorphologischen Voruntersuchungen vor Ort wurden aus circa 70 urban units vier für eine Tiefenanalyse ausgewählt: Zwei Dörfer im Süden der Stadt, ein urban village im Südosten und ein Altstadtgebiet“, erklärt Dr. Florian Kluge ebenfalls vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen.
Die Forscher gehen davon aus, dass alle diese Gebiete durch ihre Lage im direkten Einflussbereich der städtischen Entwicklungsvorhaben vielfältige Dynamiken zeigen und deshalb für eine Analyse besonders geeignet sind.
„Die geplante stadtmorphologische Untersuchung mit Schwerpunkt auf informellen Dynamiken soll Aufschluss über den städtischen Wandel geben“, sagt der Aachener Professor Christian L. Krause. Dabei geht es unter anderem darum, den bebauten und unbebauten Raum sowohl qualitativ als auch quantitativ zu analysieren. Das Forscherteam will aber auch spezifische (Frei-)Raumcharakteristika untersuchen. Dazu gehören Studien zu beispielsweise Zugänglichkeit, Privatheit oder Öffentlichkeit, Wechselwirkung, Proportion, Selbstregulierungsprozesse, Gestalt, Handlungsoptionen oder Sozialraum.

Umwidmung: Selbstversorger-Garten © Katharina Wiethoff
Einflüsse von außen setzen innere Prozesse in Gang
Ein erster Vergleich der vier Gebiete ist bereits gezogen worden. Er zeigt, dass sich diese in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden, was in direkter Abhängigkeit der angrenzenden Aktivitäten wie etwa Neubauprozesse, Brachenbildung etc. zu sehen ist: Der Rand einer urban unit und damit die Prozesse und Wechselwirkungen zeigen den Entwicklungsstand innerhalb des komplexen urbanen Netzwerks an.
Bereits identifizierte Randcharakteristika mit wiederkehrenden Eigenheiten in den vier Gebieten legen nach Angaben der Forscher den Schluss nahe, dass äußere Einflüsse – bis zu einem gewissen Grad – vorhersagbare innere Prozesse in Gang setzen. Die Untersuchung veränderter Gestaltungs- und Nutzungsarten im öffentlichen Raum macht diese Prozesse deutlich: Raum wird in Besitz genommen, privatisiert oder umgewidmet, Brachflächen werden zu den unterschiedlichsten Zwecken zwischengenutzt.
„Diese und weitere ‚Raumphänomene‘ sind in jedem Gebiet in unterschiedlichem Maße und Alter zu finden und ermöglichen einen Raum-Zeit-Vergleich der units. Dadurch können Rückschlüsse auf andere, ähnlich strukturierte Gebiete gezogen werden“, bilanziert Wiethoff. Hierfür müssen jedoch noch weitere units untersucht und in einem urbanen Klassifizierungsansatz zusammengefasst werden. Erst dann können die Landschaftsarchitekten brauchbare Entscheidungs- und Handlungsgrundlagen für eine nachhaltige Stadtentwicklung liefern.
Link:
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.la.rwth-aachen.de/Forschung/FS_Aktuelle_Projekte.htm
(Dr. Florian Kluge, Professor Christian L. Krause und Katharina Wiethoff vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen, 12.01.2009 – DLO)
12. Januar 2009