Der Kontakt zwischen Metallen und organischen Molekülen spielt in der Elektronik der Zukunft eine große Rolle. Würzburger Physiker haben nun einen Effekt entdeckt, der solche Kontakte entscheidend verbessern könnte. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Physics“.
Elektronische Bauteile auf der Basis von organischen Materialien finden sich zunehmend in moderner Technik. In Form von organischen Leuchtdioden, so genannten OLEDs, kommen sie bereits in Handy-Displays und in Fernsehgeräten zum Einsatz. OFETs – organische Feldeffekt-Transistoren – sind interessant für Anwendungen, die nur geringe Speicherdichten oder kurzzeitigen Einsatz erfordern wie beispielsweise elektronische Wasserzeichen, Barcodes oder Sensoren zur Einmalnutzung, etwa in der Medizin.
Weniger Leistung und niedrigere Kosten
Diese Bauteile sind bislang nicht zu solchen Höchstleistungen fähig wie ihre vergleichbaren Konkurrenten, die aus Silizium hergestellt werden. Dafür haben sie aber den unschlagbaren Vorteil, dass sie sehr viel billiger sind. Wie sich ihre Leistung verbessern lässt, daran forschen Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Würzburger Physiker sind auf diesem Weg jetzt möglicherweise einen großen Schritt weitergekommen – durch einen Zufallstreffer.
„Das war ein unerwarteter Effekt. Damit hatten wir nicht gerechnet“, sagt Christian Kumpf ehemals Universität Würzburg und jetzt am Forschungszentrum Jülich tätig.
Ein Silberkristall wird bedampft
Für ihre Untersuchungen haben die Physiker um Kumpf einen etwa einen Zentimeter großen Silberkristall mit einer extrem sauberen Oberfläche präpariert. Anschließend brachten sie auf diesen Kristall eine dünne Schicht organischer Moleküle auf, indem sie das Material im Vakuum in einem kleinen Tiegel verdampften und auf dem Kristall abschieden. Zur Verwendung kamen dabei so genannte Metall-Phthalocyanine, eine Stoffklasse, die durch eine Stickstoff-Kohlenstoff-Ringstruktur und ein zentrales Metallatom gekennzeichnet ist.
Die Überraschung kam bei der folgenden Untersuchung der geometrischen Struktur dieser Molekülschicht auf der Silberoberfläche. „Normalerweise ordnen sich derartige organische Moleküle auf metallischen Oberflächen so an, dass sie zum einen den größtmöglichen Kontakt mit dem Metall suchen und zum anderen aber immer auch in enger Nachbarschaft mit den anderen Molekülen bleiben wollen. Die Moleküle ‚mögen‘ sich, sie zeigen eine attraktive Wechselwirkung zu ihren Nachbarn“, sagt Kumpf.
Auf dem Metall bilden sich somit Inseln organischer Materie, die kontinuierlich wachsen und irgendwann aneinander stoßen. Es sind normalerweise sehr viele, und damit vor allem kleine Inseln, deren Grenzen sehr unregelmäßig verlaufen. Diese Grenzen, so genannte Korngrenzen, beschränken die Leistung der Bauteile, zum Beispiel ihre elektrische Leitfähigkeit, wenn sie sehr häufig vorkommen.
„Elektronenwolken“ sorgen für Abstoßung
Ganz anders hingegen verhielten sich die Phthalocyanine: „Die Moleküle mögen sich nicht, sie ordnen sich zwar ebenfalls flach auf dem Silber an, allerdings mit größtmöglichem Abstand zu ihren Nachbarn“, sagt Kumpf. Nach dem Grund für dieses unerwartete Verhalten mussten die Physiker erst einmal suchen. Bei den Elektronen wurden sie fündig.
„Wir konnten nachweisen, dass die organischen Moleküle und das Silber elektrische Ladung, also Elektronen, austauschen“, schildert Kumpf. In der Folge entstünden „Elektronenwolken“ in dem Silberkristall unterhalb der Phthalocyanin-Moleküle, die sich gegenseitig abstoßen. Diese Kräfte seien größer als die sonst unter Molekülen wirksamen Anziehungskräfte, die so genannten van-der-Waals-Kräfte.
„Diese Entdeckung klingt vielleicht auf den ersten Blick nicht wirklich spektakulär. Sie hat aber neben ihrer grundlegenden Bedeutung – ein solches Verhalten wurde für derartige Moleküle noch nie beobachtet – möglicherweise auch große Konsequenzen für organische elektronische Bauteile“, sagt Kumpf.
Dadurch, dass sich die Moleküle absolut gleichmäßig verteilen, bilden sie eine perfekt geordnete, homogene Schicht von bisher unerreichter Größe auf der Silberoberfläche. Der negative Effekt der vielen Korngrenzen wird deutlich reduziert. „Dies ist ein möglicherweise sehr großer Schritt in Richtung einer verbesserten Leistungsfähigkeit“, sagt Kumpf.
Vielversprechende Ergebnisse
Bis zur Anwendbarkeit sind allerdings noch weitere Schritte notwendig: „Man braucht einen dickeren Kristall aus organischen Molekülen, damit die Bauteile effektiv arbeiten können“, sagt Kumpf.
Gemeinsam mit den Physikern aus Würzburg arbeitet er bereits daran – mit vielversprechenden Ergebnissen. Mittlerweile ist die Arbeitsgruppe in der Lage, auch dickere Schichten aus Phthalocyanin-Molekülen in der erforderlichen Qualität auf dem Silberkristall aufzubringen.
(idw – Universität Würzburg, 13.01.2009 – DLO)