Der Schnee taut, die ersten Krokusse kämpfen sich durch die kalte Erde ans Tageslicht – und Heuschnupfengeplagte zücken wieder die Taschentücher. Neuartige Mess-Stationen, die Fraunhofer-Forscher jetzt entwickelt haben, sollen in Zukunft die Pollenzahl automatisch ermitteln und so die Vorhersage verbessern.
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„Und nun die Pollenvorhersage für morgen: Erle und Hasel fliegen schwach…“ – zwar kennt man solche Meldungen aus Radio und Fernsehen, ihre Zuverlässigkeit lässt jedoch oft zu wünschen übrig. Die Vorhersage basiert auf dem Wetter und der Zahl der momentan fliegenden Pollen.
Das Problem: Es gibt nur wenig aktuelle Daten zum Pollenflug, denn sie zu ermitteln ist aufwändig. Umgebungsluft strömt auf ein Stück Klebeband, die Pollen bleiben haften. Labormitarbeiter untersuchen dann die fixierten Pollen unter dem Lichtmikroskop und zählen die Anzahl der verschiedenen Blütenstaub-Körnchen. Eine langwierige Prozedur, die nur an ausgewählten Stellen durchgeführt wird. Für eine optimale Vorhersage ist ein dichteres Netz an Messstationen nötig.
15 neuartige Messstationen
Der Deutsche Wetterdienst hat daher 15 neuartige Messstationen bestellt: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin und für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Hannover haben sie mit ihren Kollegen der Helmut Hund GmbH entwickelt.
Der Clou liegt in der Auswertung: Die Stationen ermitteln die Pollenzusammensetzung vollautomatisch und senden die Daten an den Wetterdienst. „Dazu saugen die Stationen, die in einem großen Gehäuse untergebracht sind, eine kontrollierte Menge Luft an. Die darin enthaltenen Pollen werden von Verunreinigungen getrennt und auf einem Träger abgeschieden“, sagt Professor Thomas Berlage vom FIT.
Auf dem Objektträger, einer dünnen Glasscheibe, befindet sich ein Gel: In dieses sinken die Pollen ein. Ein Lichtmikroskop nimmt automatisch Bilder der Pollen auf. Die Schwierigkeit: Auf den zweidimensionalen Bildern erscheinen die überwiegend kugelförmigen Pollen – egal ob Birke, Hasel oder Erle – nur als Kreise. Dreidimensional gesehen weisen die verschiedenen Pollenarten jedoch Unterschiede auf, etwa Einbuchtungen.
„Plattgedrückte“ Pollen im Visier
„Das Mikroskop untersucht daher 70 verschiedene Schichten, indem sich der Fokus automatisch 70mal verstellt“, erklärt Berlage. Mal ist die höchste Stelle einer Polle scharf zu sehen, mal die Mitte. Für jede Ebene errechnet das System die Stellen, die am schärfsten abgebildet sind. Alle diese Punkte fügt es zu einem zweidimensionalen Bild zusammen, das die dreidimensionale Information enthält – das Bild zeigt quasi die „plattgedrückte“ obere Hälfte der Polle.
Hat eine Polle dort eine Einbuchtung, so ist dies auf dem Bild zu erkennen. Daraus berechnet das System bestimmte mathematische Merkmale, vergleicht diese mit einer Datenbank und bestimmt die Pollenart. Innerhalb von ein bis zwei Stunden liegen die Ergebnisse vor und werden über eine Netzwerkverbindung an den Wetterdienst geschickt.
(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 04.02.2009 – DLO)