Wie viel ist ein intakter Amazonas-Regenwald wert? Und wie lässt sich dieser Wert berechnen? Diese Frage hat eine neue Studie nun beantwortet. Demnach ist die Erhaltung des Regenwalds zwar theoretisch mehr wert als seine Zerstörung, allerdings wird für die wichtigen ökologischen Funktionen bisher nichts bezahlt. Eine weitere Schrumpfung der wertvollen Ressourcen erfordere daher eine Umwertung.
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In einer von der Umweltorganisation WWF in Auftrag gegebenen und von Forschern der Universität von Utrecht durchgeführten Studie gibt es darum, den Wert der Regenwald-Funktionen zu beziffern und den mit Abholzung verbundenen Nutzungen gegenüberzustellen. Die Untersuchung bezieht sich dabei speziell auf Brasilien, wo sich die größte Fläche des Amazonaswaldes befindet. Das Ziel war es, den wirtschaftlichen Wert von Substanz und Dienstleistungen des Waldes zu berechnen. So wurden der Wasserkreislauf und sein Wert sowie die Speicherung von Kohlenstoff durch den Wald sowie die Vermeidung von Erosion in Geldwert berechnet.
Werte für Senkenwirkung, Erosionsschutz und Erholungswert
Der berechnete reine Wert für die Speicherung von CO2 ergibt die jährliche Summe zwischen 55 und 78 Euro pro Hektar Regenwald. Die Vermeidung von Erosion entspricht einem Wert von 185 Euro pro Hektar und Jahr. Die Verbreitung von Pollen durch Insekten in Kaffeeplantagen, die aus dem Regenwald kommen, ist 38 Euro pro Hektar und Jahr wert. Produkte wie Honig, Waldfrüchte und Pilze bewirken Einnahmen von etwa 40 bis 80 Euro pro Hektar und Jahr. Der Erholungswert sowie der Ökotourismus bringen durchschnittlich 2,5 bis 5,5 Euro pro Hektar und Jahr.
Andererseits wurden auch die wirtschaftlichen Trends berücksichtigt, für die große Regenwaldflächen geopfert werden. So bringt die Wertschöpfung durch die Kultivierung von Soja 230 bis 470 Euro pro Hektar und Jahr, die Rinderzucht 40 bis 115 Euro. 600.000 Tonnen Soja werden jährlich nach Österreich als Futtermittel importiert. Damit tragen die Österreicher als Fleischkonsumenten nachhaltig zur Zerstörung der Tropenwälder bei.
Zerstörung bringt (noch) mehr als Erhaltung
Die neue WWF-Studie zeigt, dass die Einkünfte aus wirtschaftlichen Aktivitäten, die den Regenwald bewahren, nicht hoch genug bewertet sind, um die Zerstörung des Amazonaswaldes aufzuhalten. In anderen Worten: Die Abholzung des Regenwaldes bringt mehr Geld als ihn zu erhalten. Nur die Zuweisung eines wirtschaftlichen Geldwerts für die Kohlenstoffspeicherung in Bäumen und Böden der Amazonasregion kann diese Situation ändern.
Zukünftig Pflicht-Beitrag für Erhaltung?
Nach der Klimakonferenz in Kopenhagen sollen die Industrieländer für die Erhaltung des Regenwaldes Im Rahmen des REDD-Mechanismus (Reduced Emissions from deforestation and forest degradation) einen finanziellen Beitrag leisten. Ziel ist es, die CO2-Emissionen in tropischen Ländern langfristig zu vermindern. Durch REDD sollen große Geldströme für nachhaltiges Waldmanagement möglich werden, wovon auch die lokale Bevölkerung in der Amazonasregion profitieren wird. „REDD ist nicht das einzige Prinzip zur Umsetzung nachhaltiger Waldwirtschaft, aber mit Sicherheit eines der wirksamsten“, erklärt WWF-Amazonasexpertin Martina Glanzl.
Die Menschheit ist heute in hohem Grad abhängig von den Funktionen des Amazonasregenwaldes, für die heute noch nichts bezahlt wird. Diese würden durch dessen Abholzung rasch verschwinden. Solche Funktionen sind etwa der Regenkreislauf für die Landwirtschaft, sauberes Trinkwasser, reine Luft und der Kampf gegen die globale Erwärmung.
(WWF, 12.02.2009 – NPO)