Züricher Forschern ist eine Entdeckung gelungen, die die Magnetresonanztomographie revolutionieren könnte. Die Magnetresonanz im menschlichen Körper konnte durch propagierende Wellen angeregt und abgebildet werden. Die Wissenschaftler stellen ihr neues Verfahren, das kontrastreichere und höher aufgelöste Bilder liefert in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“ vor.
Ein Kollege wollte eine Hand mit dem Magnetresonanztomographie-Verfahren (MRI) abbilden, aber leider war das Bild undeutlich. Es zeigte nicht nur Signale aus nächster Nähe sondern auch solche, die aus einiger Entfernung
stammen mussten. Das brachte den Doktoranden David Brunner auf die Idee, MRI-Signale gezielt durch sich ausbreitende Wellen anzuregen und zu empfangen.
Nach dem Lehrbuch werden MRI-Signale am besten durch so genannte Nahfeldkopplung gemessen. Dies hat den Nachteil, dass die Detektoren eng am Körper angebracht werden müssen, was oft als unangenehm empfunden wird. Die Nahfeldmethode entspricht dem Stand der Technik bei klinischen MRI-Geräten, die heute meist eine Feldstärke von 1,5 Tesla und eine Resonanzfrequenz von 64 Megahertz (MHz) haben.
Stärkere Magnete und damit höhere Frequenzen liefern zwar im Prinzip kontrastreichere und höher aufgelöste Bilder, aber Anregung und Detektion werden problematisch. Zum einen werden die Detektoren bei höheren Frequenzen vermehrt durch den Körper gestört. Man kennt das Problem von Radioantennen: Objekte in der Nähe von Antennen verändern den Empfang.
Zum andern neigen traditionelle Detektoren dazu, bei hohen Frequenzen stehende Wellen auszubilden. Das Resultat sind Knotenpunkte, in deren Umgebung das Bild ausgelöscht wird. Da bei höherer Frequenz und damit kürzerer Wellenlänge mehr Knotenpunkte entstehen, konnten größere Strukturen bis jetzt bei hohen Feldstärken nicht vollständig abgebildet werden.
Wellen, die sich ausbreiten
Klaas Prüssmann, Professor am Institut für Biomedizinische Technik der ETH und der Universität Zürich und sein Doktorand Brunner sind zusammen mit weiteren Forschern ganz neue Wege gegangen. Sie nutzten für das bildgebende Verfahren eine 35 Tonnen schwere Magnetröhre, die MRI-Signalen genügend Raum gibt, um sich in Form elektromagnetischer Wellen auszubreiten.
Sich ausbreitende – oder propagierende – Wellen verhalten sich grundsätzlich anders als stehende Wellen. Sie kommen ohne Knotenpunkte aus und erlauben dadurch eine gleichmäßigere Ausleuchtung. Und sie haben die Fähigkeit, Energie und Information über große Distanzen zu transportieren. Um von diesen Vorteilen zu profitieren, mussten die Forscher einen neuartigen Detektor bauen, der wie eine Antenne dafür ausgelegt ist, Signale fernab ihrer Quelle zu empfangen.
Ideale Bedingungen in Zürich
Die Wissenschaftler gingen außerdem daran, die idealen Bedingungen für propagierende Wellen zu schaffen und hatten dafür die besten Voraussetzungen. In ihrem stärksten Forschungssystem, einer MRI-Anlage mit sieben Tesla Feldstärke am Institut für Biomedizinische Technik, erreichen die Resonanzsignale eine Frequenz von 300 MHz. Dank der entsprechend geringen Wellenlänge ist die Patientenöffnung mit einem Durchmesser von knapp 60 Zentimetern gerade groß genug, um als Wellenleiter zu funktionieren.
So gelang es den Wissenschaftlern, im MRI-Experiment propagierende Wellen zu erzeugen, die Objekte durchdrangen und die ganze Röhre nahezu verlustfrei durchliefen. Mit ihren neu entworfenen Detektoren konnten die Wissenschaftler die Signale der Atomkerne bis zu einem Abstand von drei Metern empfangen.
Vollständig abbilden
Es ist auch bereits gelungen, Körperteile von Versuchspersonen aus einer Distanz von fast einem Meter abzubilden. Wie erhofft haben die ersten Aufnahmen von Unterschenkel und Fuß eines Probanden eine wesentlich bessere Abdeckung als bisher. Jüngste Resultate der Forscher deuten zudem an, dass auch der menschliche Kopf durch propagierende Wellen vollständig ausgeleuchtet werden kann. Die Vorteile hoher Feldstärken – höhere Auflösung und stärkere Kontraste – werden dadurch besser nutzbar.
„Dass man MRI-Signale mit einer Antenne und in so großem Abstand vom Körper empfängt, war bis anhin undenkbar“, sagt Prüssmann. Da Sender und Empfänger in einiger Entfernung platziert werden können, engen sie den Patienten weniger ein.
Die propagierenden Wellen sind aber nicht nur für medizinische Bildgebung interessant sondern könnten auch ganz neue Anwendungen ermöglichen. Denkbar wäre nach Angaben der Wissenschaftler zum Beispiel, dass damit viele Materialproben oder Versuchstiere auf einmal untersucht werden können.
(idw – ETH Zürich, 20.02.2009 – DLO)