Menschen, die sich in der Wüste verirrt haben, bewegen sich im Kreis, sobald ihnen die Orientierung verloren gegangen ist. Doch zumindest für Wüstenameisen gilt dies nicht. Wissenschaftler haben jetzt gezeigt, dass die Tiere nicht wie bisher angenommen nur visuell wahrnehmbare Landmarken, sondern zusätzlich auch lokale Gerüche für ihr Navigationssystem nutzen, um den Weg nach Hause zu finden.
Cataglyphis fortis, die Wüstenameise, ist in den unwirtlichen Salzwüsten Tunesiens heimisch. Um nach ausgedehnter Beutesuche den Weg zurück zum Nesteingang zu finden, bei dem es sich um ein etwa zwei Zentimeter kleines Loch im Wüstenboden handelt, nutzt Cataglyphis ein ausgeklügeltes Navigationssystem. Dank umfangreicher Forschungen sind die Komponenten dieses Navigationssystems soweit bekannt. So nutzt das „GPS“ der Ameise einen Sonnenkompass, einen Wegstreckenintegrator (d.h. die Ameise zählt quasi ihre Schritte) und die visuelle Erkennung von Landmarken. Dass darüber hinaus aber auch lokale Düfte eine Rolle bei der Orientierung dieses kleinen Insekts spielen, war bislang nicht bekannt.
Training mit Markerduft
Kathrin Steck, Bill Hansson und Markus Knaden haben mit Hilfe der Gaschromatographie einige Duftstoffe identifiziert, die für den Lebensraum einer Wüstenameise eine ganz spezifische Kennung darstellen. In ihren Feldexperimenten trainierten sie die Ameisen dann, Düfte zu erkennen, die einen versteckten Nesteingang markierten.
Die Ameisen lernten, ihren Nesteingang mit einem einzigen Duft zu assoziieren, und unterschieden diesen „Trainingsduft“ von anderen Düften. Sie konnten diesen Duft sogar aus einer Mischung von insgesamt vier Düften heraus erkennen. Allerdings verhielten sie sich dann weniger zielorientiert. Ihre Orientierungsleistungen waren aber auch bei einer Duftmischung immer noch deutlich besser als in Kontrollversuchen ohne jeden Duft.
Düfte als zusätzliche Sicherheit
Die Nutzung von Gerüchen aus der Umgebung konnte bereits bei der Navigation von Tauben nachgewiesen werden; die meisten Ameisenarten verlassen sich dagegen eher auf selbst produzierte Pheromonspuren. Für Cataglyphis ist das vermutlich keine wirkliche Alternative, da selbst gelegte Pheromonspuren im
heißen Wüstensand nur sehr kurzlebig wären. Das könnte zumindest der Grund dafür sein, warum sich diese Ameisen in der Regel lieber auf stabile, bereits vorhandene Landmarken verlassen.
Trotzdem: „Wir waren wirklich erstaunt, dass die Ameisen nicht nur visuelle Landmarken verinnerlichen, sondern auch Informationen über ihre olfaktorische Welt sammeln, um den Weg zurück zum Nest zu finden“, sagt Markus Knaden. In weiteren Experimenten will der junge Forscher nun bislang noch unbekannte Wechselwirkungen zwischen visueller und olfaktorischer Information untersuchen.
(Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, 27.02.2009 – NPO)