Wissenschaftler haben ein Gen identifiziert, das für die Bildung von Zahnschmelz verantwortlich ist. Zahnschmelz ist die zentrale Komponente der Zähne und das härteste in der Natur bekannte organische Gewebe. Die Entdeckung bietet neue Perspektiven für die Behandlung von Zahnkrankheiten, wie die Forscher im Fachblatt „Developmental Biology“ berichten.
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Experimente mit Mäusen, denen der so genannte Transkriptionsfaktor Tbx1 fehlt, haben die Wissenschaftler der Universität Zürich um Professor Dr. Thimios Mitsiadis vom Institut für Orale Biologie zur Identifikation des Gens geführt. Bei Tbx1 handelt es sich um ein Gen, das eine zentrale Rolle beim DiGeorge-Syndrom spielt. Das DiGeorge-Syndrom wiederum ist eine Entwicklungsstörung, die Herz, Thymus und Nebenschilddrüse sowie Gesicht und Zähne beeinträchtigt. Personen mit DiGeorge-Syndrom haben Zähne mit defektem Zahnschmelz.
Experimente mit voll entwickelten Zähnen
Zahnschmelz entsteht durch Mineralisierung von bestimmten Zahnschmelz-Eiweißen, welche wiederum von Ameloblasten – einer Art Zahnepithelzellen – produziert werden. Nun zeigen die Ergebnisse der Studie, dass Zähne, denen Tbx1 fehlt, nicht nur kein Zahnschmelz produzieren können, sondern dass diesen Zähnen auch die Ameloblasten fehlen. „Damit haben wir eine direkte Verbindung zwischen verminderter Tbx1-Funktion und defekter Zahnschmelzbildung aufgezeigt“, folgert Mitsiadis.
Zusätzliche Relevanz gewinnt die Studie laut dem Wissenschaftler dadurch, dass die Experimente mit voll entwickelten Zähnen durchgeführt wurden. Da Tbx1-defiziente Mäuse früh sterben, hat die Zürcher Forschergruppe mit Langzeit-Organkulturtechniken gearbeitet, die eine vollständige und unbeeinträchtigte Entwicklung der Zähne ermöglicht hat.
Dies im Gegensatz zu einer Gruppe amerikanischer Forscher, die an der Universität Oregon eine Verbindung zwischen einem anderen Transkriptionsfaktor (Ctip2) und der Zahnschmelzbildung gezeigt hat, jedoch ohne Studien mit ausgewachsenen Zähnen durchgeführt zu haben. „Deshalb zeigen unsere Untersuchungen das Fehlen von Zahnschmelz besser auf“, so Mitsiadis.
Ziel: Zahnreparatur und Zahnersatz
Neue Perspektiven eröffnen die Erkenntnisse nach Angaben des Forschers für die Behandlung kranker Zähne: „Das Verständnis des genetischen Codes, welcher Zahnentwicklung und Zahnreparatur kontrolliert, wird es uns ermöglichen, neue Produkte oder sogar Ersatzgewebe zu entwickeln, mit denen verletzte oder ungesunde Zähne wieder hergestellt werden können.“
Noch ist eine solche Zahnreparatur oder ein solcher Zahnersatz sehr komplex, so dass die noch vereinzelten Entdeckungen auf diesem Gebiet bisher nicht in wirksame klinische Therapien umgewandelt worden sind.
Die größte Herausforderung auf dem Gebiet der Zahntechnik liegt im Einsatz von Stammzellen zur Bildung von neuem Zahnschmelz: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Tbx1 an der Erhaltung der Zahnepithelstammzellen beteiligt und für die Bildung der Ameloblasten verantwortlich ist. Bei bestimmten genetischen Zahnabnormalitäten sollte die Zahnregeneration oder Reparatur durch eine Behandlung mit Stammzellen möglich sein. Aggregate solcher Stammzellen könnten in Zukunft zur lokalen Zahngewebetransplantation verwendet werden“, so Mitsiadis abschließend.
(idw – Universität Zürich, 02.03.2009 – DLO)