Nicht nur für Eisbären, auch für die gesamte Menschheit können Veränderungen in der Arktis ernste Folgen haben. Denn die Regionen des Nordpolarmeeres beeinflussen das Klima global. Dass sie sich verändern, ist sicher. So hat die durchschnittliche Meereisbedeckung in den Sommermonaten drastisch abgenommen. Ein internationales Forscherteam ist nun gestern zu einer sechswöchigen Expedition in die russische Arktis gestartet. Die Forscher wollen herausfinden, wie rasch sich das Klima dort ändert und welche globalen Auswirkungen dies haben könnte.
{1r}
Schwitzen bei minus 30 Grad Celsius – das erwartet die 18 Teilnehmer der Expedition TRANSDRIFT XV unter der Leitung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) nach ihrer Ankunft in der nordsibirischen Hafenstadt Tiksi. Der 5.000-Einwohner-Ort nahe dem Lena Delta wird für sechs Wochen das Hauptquartier der Meeres- und Klimaforscher sein. Ihr eigentliches Arbeitsgebiet liegt noch einmal zwei bis drei Hubschrauber-Flugstunden weiter nördlich auf dem Festeis der arktischen Laptev-See. Auch im April herrschen dort tagsüber Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt.
„Trotzdem wird uns manchmal ganz schön warm werden. Arktisforschung ist auch Knochenarbeit“, erklärt die Projektleiterin Heidemarie Kassens vom IFM-GEOMAR. Löcher ins Eis bohren, um Messstationen im Meer zu versenken, Wetterstationen aufstellen, Kabel verlegen – unter den extremen Bedingungen der Arktis ist dabei viel Handarbeit gefragt.
Polynjas im Visier
TRANSDRIFT XV ist die zweite Winterexpedition in dieser Gegend, die sich speziell mit den so genannten Polynjas beschäftigt. Das sind freie Wasserflächen, die sich im Winter trotz arktischer Temperaturen zwischen dem Festeis der Küstenregion und dem Packeis des Nordpolarmeeres bilden. Sie sind von zentraler Bedeutung für die Schifffahrt, aber auch für die Produktion von neuem Meereis.
Zudem reagieren sie sehr sensibel auf Veränderungen der Meeresströmungen oder der Luftzirkulation. Deshalb können sie als Modell für Veränderungen in der gesamten Arktis dienen. Gleichzeitig ist die Entwicklung der Polynjas selbst wichtig für Prognosen des Klimawandels in der Arktis und weltweit.
Klimabedingungen der vergangenen 15.000 Jahre auf der Spur
Von mehreren provisorischen Camps auf dem Festeis der Laptev-See werden die Wissenschaftler meteorologische, ozeanographische, biologische, und meereschemische Untersuchungen durchführen. Dafür werden meteorologische Messstationen errichtet und vier Kurzzeit-Meeresobservatorien in der Polynja verankert. Proben vom Meeresboden der dort nur etwa 30 Meter tiefen Laptev-See sollen Aufschluss über die Entwicklung der Klimabedingungen in den vergangenen 15.000 Jahren geben – Daten, die auch helfen, Klimaprognosen für die Zukunft zu verbessern.
„Zusammen mit den Daten der vorherigen Expedition hoffen wir so die Veränderungen in der Arktis besser zu verstehen, um die Auswirkungen auf die gesamte Erde einschätzen zu können“, erläutert Kassens.
(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 16.03.2009 – DLO)