Ein Dresdner Forscher hat ein erstaunliches neues Fortbewegungskonzept für schwere Forstmaschinen entwickelt. Sein so genannter „Schreit-Harvester“ ermöglicht nicht nur Schrittweiten bis zu acht Meter auf sumpfigen Böden oder an Waldhängen, sondern kann auch Hindernisse elegant übersteigen.
Werden Bäume im großen Maßstab gefällt – der Fachmann spricht von „Holzernte“ -, kommen bisher schwere Rad- oder Kettenfahrzeuge zum Einsatz, die oft für die Feld- oder Baustellenarbeit entworfen wurden und beladen bis zu 55 Tonnen wiegen. Die Folge sind oft großflächig zerstörte Waldböden, deren Regeneration viele Jahrzehnte währen kann.
7,5 Tonnen schwere Forstmaschine
Anstatt diese Systeme weiter zu verbessern, hat sich der Maschinenbauingenieur und Industriedesigner Christian Knobloch von der Technischen Universität (TU) Dresden in seiner Diplomarbeit an eine völlige Neuentwicklung gewagt, bei der ein ungewöhnliches, konstruktiv-geometrisch optimiertes Bewegungskonzept zum Einsatz kommt.
Sein nur 7,5 Tonnen wiegender Schreit-Harvester vereint mehrere unschätzbare Vorteile. Wie ein Pferdehuf belastet er den Waldboden nur punktuell. Dieser erholt sich also ungleich rascher als nach den umfangreichen Rangiervorgängen von herkömmlichen Forstmaschinen. Und außerdem erlaubt das patentierte Konzept das Überschreiten von breiten Wassergräben oder Hindernissen. Auch sumpfige Böden und Hanglagen bis 36 Prozent sind für den futuristisch anmutenden Schreiter kein Problem.
Keine Vorbilder in der Natur
Wie funktioniert diese Fortbewegung nun genau? „Die neuartige Schreitbewegung hat keine Vorbilder in der Natur“, erklärt Knobloch. „Die Nutzmasse bewegt sich hier auf einer Art Überfahrbrücke mit je drei Fußauslegern an ihren Enden, die sich an die Art des Untergrunds anpassen können. Nach jedem Schritt kann eine neue Richtung gewählt werden, wobei die Brücke stets in Fortbewegungsrichtung auf- und hinter dem Fahrzeug wieder abgebaut wird.“
Die auf einer Laufkatze installierte Nutzmasse – Kabine, Antriebstechnik und Arbeitskran – belastet dabei immer eine der beiden Standbasen und ermöglicht, dass die unbelastete Standbasis um die belastete platzsparend herum geschwenkt werden kann.
Neue Art der Fortbewegung
Die neue Art der Fortbewegung hat zahlreiche Vorteile. Abgesehen von der großen Schrittweite von bis zu acht Metern erreicht der Schreitharvester innerhalb seines 480 Quadratmeter messenden Arbeitsraumes Bäume bis zehn Meter Entfernung. Die gespreizten Fußausleger bilden eine große Plattform im Wald und ermöglichen somit, dass der Arbeitskran trotz einer geringen Maschinenmasse enorme Gewichte heben kann.
Alle Problempunkte des Schreitmechanismus hat der kreative Industriedesigner konstruktiv-geometrisch untersucht und in seiner Diplomarbeit am Zentrum für Technisches Design der TU Dresden nach statischen Kriterien beurteilt.
Industriepartner stehen Schlange
Als Nebenprodukt der Arbeit, die sich vorrangig mit der Holzernte befasst, entstand in Zusammenarbeit mit dem Forsttechniker Professor Jörn Erler zudem eine Idee, wie man auch die anschließenden Holztransporte einfacher, preiswerter und bodenschonender durchführen könnte. Diese Art des Transports würde sich mit dem vorgestellten Maschinenkonzept optimal ergänzen und den Erwerb des Schreit-Harvesters für Waldbesitzer noch attraktiver machen.
Die Industriepartner stehen jedenfalls schon Schlange, verrät Knobloch: das Konzept, eine „freundliche, fleißige, agile und robuste Maschine“ zu konstruieren, die zudem viel eher mit der Arbeit im Wald assoziiert wird als bullige Kettenfahrzeuge, ist offenbar aufgegangen.
(idw – Technische Universität Dresden, 09.04.2009 – DLO)