Mausmodell „Diminuendo“ liefert neue Erkenntnisse
Bislang war zwar schon eine Reihe von Genen bekannt, die in Zusammenhang mit Schwerhörigkeit stehen. „Wir waren aber sehr überrascht, als mit unserem Mausmodell nun diese neue Klasse von Genen, die microRNA, als genetische Ursache für dieses Krankheitsbild entdeckt wurde“, erklärt Dr. Helmut Fuchs, geistiger Vater des Mausmodells und wissenschaftlicher Leiter der German Mouse Clinic am Helmholtz Zentrum München.
Das neue Mausmodell heißt „Diminuendo“, benannt nach dem Fachbegriff aus der Musiklehre für „leiser werdend“, und wurde mit dem so genannten ENU-Verfahren gezüchtet. Dabei wird männlichen Mäusen Ethylnitrose-Harnstoff (ENU) verabreicht, der das Erbgut ihrer Spermien beeinflusst. Nachfolgegenerationen entwickeln daraufhin dominante oder rezessive Mutationen.
13 Millionen Deutsche leiden unter Schwerhörigkeit
Hrabé de Angelis und seine Kollegen können so in der German Mouse Clinic Mutanten erkennen, die ähnliche Krankheiten entwickeln wie Menschen. Das Diminuendo-Mausmodell stellten sie Kollegen vom Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge zur Verfügung, die anhand spezifischer Charakterisierungen letztendlich den Zusammenhang mit der miR-96-Mutation fanden.
Allein in Deutschland leiden Schätzungen von Experten zufolge rund 13 Millionen Menschen unter einer eingeschränkten Hörfähigkeit. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, sie reichen von der einfachen Altersschwerhörigkeit über Infektionen bis hin zu chronischen Lärmschädigungen. Schwerhörigkeit kann aber auch angeboren sein.
Bald neue Therapieansätze?
„Wir gehen davon aus, dass unser Mausmodell für die Entwicklung von Therapieansätzen gegen die genetisch bedingte Schwerhörigkeit beim Menschen zukünftig weitreichende Bedeutung haben wird“, erklärt Fuchs. Kollegen aus Spanien bestätigen seine Vermutung. Sie führten bereits erste Untersuchungen an Patienten durch, bei denen ebenfalls Schwerhörigkeit diagnostiziert wurde. Bei ihnen war der microRNA-Abschnitt Minr96 an derselben Stelle wie im Mausmodell verändert.
Mithilfe des Mausmodells hofft das internationale Forschungskonsortium nun, Faktoren zu identifizieren, die für ein langes Überleben von Haarzellen notwendig sind und damit neue Behandlungsansätze für Schwerhörigkeit zu finden.
(idw – Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 21.04.2009 – DLO)
21. April 2009