Die meisten Bindungen in der Natur beruhen auf der elektrostatischen Anziehung zwischen verschiedenen Teilchen: Dies reicht vom einfachen Kochsalz bis zu den Kräften, die es beispielsweise Insekten ermöglichen, an der Decke zu laufen. Deutsche Forscher haben jetzt ein neuartiges Molekül erzeugt, das ebenfalls von diesen Kräften zusammengehalten wird und aus zwei Atomen vom selben Element besteht.
Über den ein wenig exotischen Neuling berichten die Wissenschaftler des 5. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“. In diesem neuartigen Molekül ist eines der beiden Atome hoch angeregt: Sein äußerstes Elektron kreist auf einer Bahn mit sehr großem Durchmesser und ist nur noch schwach an den Rest des Atoms gebunden. Man bezeichnet diese hochangeregten Atome nach ihrem schwedischen Entdecker Johannes Rydberg als Rydberg-Atome und das zugehörige Elektron auch als Rydberg-Elektron. Das zweite Atom des Moleküls befindet sich im Grundzustand.
Das Besondere an diesem Molekül ist sein Bindungsmechanismus: Er beruht ausschließlich auf dem Einfluss des Rydberg-Elektrons auf das zweite Atom. Es wird im elektrischen Feld des Elektrons polarisiert und dadurch an das Rydberg-Atom gebunden. Die Größe des Moleküls wird deshalb direkt durch die Umlaufbahn des Rydberg-Elektrons bestimmt. Damit zählt dieses Molekül mit einem Durchmesser von mehr als 100 Nanometern zu den größten bekannten zweiatomigen Molekülen.
„Verschmierte“ Elektronen
Strenggenommen bewegen sich die Elektronen in einem Atom nicht auf Kreisbahnen, sondern sind entsprechend einer räumlichen Verteilung „verschmiert“. In der Quantenmechanik wird diese durch die Wellenfunktion beschreiben. Vom Zentrum des Atoms ausgehend besitzt diese Verteilung abwechselnd Maxima und Minima. Dort, wo das Maximum am größten ist, ist auch die Wahrscheinlichkeit am größten, das Elektron anzutreffen. Genau hier liegt die klassische Bahn des Elektrons.