Weniger als ein Viertel der nachgewiesenen Vorkommen fossiler Brennstoffe darf bis zum Jahr 2050 noch verbrannt werden, wenn die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzt werden soll. Das geht aus einer neuen Studie eines internationalen Forscherteams hervor, die jetzt im Wissenschaftsmagazin „Nature“ erschienen ist.
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Für die Studie berechneten die Wissenschaftler erstmals, welche Menge Treibhausgase von heute bis zum Jahr 2050 in die Atmosphäre entlassen werden kann, ohne das Risiko einer Erwärmung von mehr als zwei Grad Celsius (2°C) über den vorindustriellen Wert zu stark zu erhöhen. Das so genannte 2°C-Ziel wird von mehr als 100 Ländern weltweit angestrebt. In den Jahren 2000 und 2050 können nach den Ergebnissen der Wissenschaftler nur eintausend Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen werden. In den vergangenen neun Jahren wurde jedoch bereits ein Drittel davon emittiert.
„Wenn wir fossile Brennstoffe weiter so verbrauchen wie bisher, wird das Kohlenstoff-Budget in nur zwanzig Jahren aufgebraucht sein und die Erwärmung würde weit stärker ausfallen als zwei Grad“, sagt Malte Meinshausen, Leitautor der Studie und Klimaforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). An dem dreijährigen Forschungsprojekt waren Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und der Schweiz beteiligt.
Abkehr von fossilen Brennstoffen nötig
Wenn das Risiko einer Erwärmung von mehr als zwei Grad auf 25 Prozent begrenzt werden soll, müssen die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 um mehr als 50 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden, ergaben die Berechnungen.
„Nur mit einer schnellen Abkehr von den fossilen Brennstoffen haben wir gute Chancen, eine deutliche Erwärmung zu vermeiden. Dabei sollte man nicht vergessen, dass ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur um zwei Grad weit über die natürlichen Temperaturschwankungen hinausgehen würde, die das Leben auf der Erde erlebt hat, seit es uns Menschen gibt“, sagt Meinshausen.
Emissionsbudget um das Vierfache überschritten?
Für die Studie berechneten die Forscher auch die Emissionsmenge, die beim Verbrennen sämtlicher wirtschaftlich förderbarer Vorkommen von Öl, Kohle und Gas frei würde. Diese Menge übersteigt das Emissionsbudget bis 2050 um das Vierfache. „Um die Erwärmung unter zwei Grad zu halten dürfen wir nicht mehr als ein Viertel der wirtschaftlich förderbaren Brennstoff-Reserven aufzehren und letztendlich nur einen geringen Bruchteil sämtlicher bekannter Vorkommen“, sagt Bill Hare, Coautor der Studie.
Für die Berechnungen wurde ein effizientes Computermodell eingesetzt, das die Wirksamkeit sämtlicher Treibhausgase, Luftschwebstoffe und gasförmiger Luftverschmutzung berücksichtigt. Das Modell kann die gesamte Bandbreite möglicher Reaktionen des Kohlenstoffkreislaufs und des Klimasystems der Erde abbilden. In den Simulationen wurden rund eintausend zeitliche Verläufe der Emissionsreduktionen durchgerechnet.
Schnelles Handeln nötig
Die Unsicherheiten bei der Modellierung des Klimawandels wurden in dieser Studie nach Angaben der Wissenschaftler besonders berücksichtigt. Das aktuelle, aus Beobachtungen stammende Wissen über den Klimawandel fassten die Forscher für die Berechnungen zu Wahrscheinlichkeitswerten zusammen.
Zudem floss eine große Anzahl unterschiedlicher Simulationsergebnisse aus dem letzten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC ein. Mit diesem umfassenden Ansatz geht die neue Studie einen Schritt weiter als bisherige Untersuchungen. Ihre Ergebnisse sind von Bedeutung für die internationalen Verhandlungen über Klimaabkommen.
„Unsere Studie stützt sich auf die zahlreichen Forschungsarbeiten, die in die Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change eingeflossen sind. Sie zeigt sehr deutlich, dass wir für das Erreichen des 2°-Ziels, das viele Länder anstreben, schnell handeln müssen, um dem in unserer Grafik blau dargestellten Entwicklungspfad und nicht dem roten zu folgen“, sagt Sarah Raper, Coautorin von der britischen Manchester Metropolitan University.
„Mit jedem Jahr Verzögerung zehren wir mehr von unserem Emissionsbudget, schränken unseren Handlungsspielraum weiter ein und erhöhen das Risiko gefährlicher Auswirkungen“, sagt Reto Knutti, Coautor von der schweizerischen Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich.
Summe aller Emissionen entscheidend
Eine begleitende Studie von Forschern um Myles Allen von der britischen Oxford University, die in der gleichen Nature-Ausgabe erschienen ist, belegt die Notwendigkeit auch die Menge des Kohlenstoffs zu begrenzen, die die Menschheit insgesamt ausstößt.
„Im Prinzip ist es die Summe aller Emissionen, auf die es ankommt. Praktisch bedeutet das, dass die globalen Emissionen bald gesenkt werden müssen, noch vor 2020. Wenn wir länger warten, wird das Herunterfahren der Kohlenstoff-Emissionen immense wirtschaftliche Kosten und technologische Herausforderungen mit sich bringen, die weit über das hinausgehen, was heute möglich scheint. Je länger wir warten, umso wahrscheinlicher wird uns unser Weg auf gefährliches Terrain führen“, sagt Meinshausen.
(idw – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 30.04.2009 – DLO)