Wissenschaftler haben acht häufige Genvarianten identifiziert, die den Blutdruck beeinflussen. Die Forscher stellen die Ergebnisse ihres einzigartigen Datenabgleichs in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Nature Genetics“ vor.
{1r}
„Zum ersten Mal ist es einem internationalen Wissenschaftler- Konsortium gelungen, genetische Varianten zu identifizieren, die sich auf den Blutdruck auswirken. In Deutschland leidet etwa jeder fünfte Erwachsene unter Bluthochdruck. Die Wissenschaftler sind damit der Aufklärung der genetischen Ursachen dieser weit verbreiteten Erkrankung ein großes Stück näher gekommen“, erklärt Professor Rainer Rettig von der Universität Greifswald. Zusammen mit Kollegen aus der Greifswalder Gesundheitsstudie (Study of Health in Pomerania – SHIP) und des Zentrums für Innovationskompetenz Funktionelle Genomforschung (ZIK FunGene) sowie mehr als 150 Wissenschaftlern aus 93 Forschungseinrichtungen in Europa und den USA war er an der neuen Studie beteiligt.
Menschliches Genom „durchsiebt“
Die Greifswalder Wissenschaftler „durchsiebten“ das menschliche Genom auf der Suche nach Genvarianten, die sich auf den Blutdruck auswirken. Dabei verglichen sie circa 2,5 Millionen Genvarianten von über 4.000 Studienteilnehmern aus Greifswald, Stralsund und Umgebung und maßen über 4.000 Mal exakt den Blutdruck. Weltweit wurden auf diese Weise über 34.000 Menschen untersucht.
Gemeinsam gelang es dem internationalen Wissenschaftler-Verbund, acht genetische Varianten ausfindig zu machen, die jeweils ursächlich mit einem leicht erhöhten oder niedrigeren Blutdruck in Zusammenhang gebracht werden konnten. Um ganz sicher zu gehen, dass die Befunde auch wirklich zutreffen, überprüften die Wissenschaftler die gefundenen Genvarianten zusätzlich bei weiteren circa 90.000 Europäern und 12.000 Asiaten. Somit wurde im Rahmen dieser Studie die Genetik von über 136.000 Menschen analysiert, um die „Verursacher“ des gefährlichen Bluthochdrucks aufzuspüren.
Kombination ungünstiger Varianten erhöht Risiko deutlich
Obwohl jede Einzelne der gefunden Genvarianten den Blutdruck nur geringfügig (0,5 – ein mm Hg) beeinflusst, weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass die Kombination ungünstiger Varianten das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko deutlich erhöhen kann. Außerdem, so die Forscher, tragen die neuen Erkenntnisse dazu bei, die Ursachen des Bluthochdrucks besser als bisher zu verstehen und möglicherweise neue Methoden der Behandlung dieser Erkrankung zu finden.
„Die Individualisierte Medizin ist auf dem Vormarsch“, unterstrich Rettig. „Die SHIP-Studie mit Millionen Erbinformationen ist nur eine Massendatenansammlung. Im Austausch und Abgleich mit gleichwertigen Datenmengen anderer Forschungseinrichtungen und Regionen wird der über zehn Jahre aufgebaute Fundus zu einem unschätzbaren und äußerst wertvollen Instrument der Zukunftsforschung mit noch ungeahnten Potenzialen.“
Eine Milliarde Menschen weltweit betroffen
Weltweit sind etwa eine Milliarde Menschen von der Volkskrankheit Bluthochdruck betroffen, in Deutschland allein etwa 15 bis 20 Millionen. Bluthochdruck ist ein wesentlicher Risikofaktor für Herzerkrankungen und Schlaganfall und verursacht pro Jahr weltweit etwa sieben Millionen Todesfälle. Wichtige Ursachen für Bluthochdruck sind ein hoher Kochsalzkonsum, Übergewicht, Bewegungsmangel, Alkoholmissbrauch und eine genetische Veranlagung. Welche Gene dabei eine Rolle spielen, war bisher unbekannt.
(idw – Universität Greifswald, 11.05.2009 – DLO)