Bisher dachte man, dass der Rückweg des vom Golfstrom transportierten Wassers hauptsächlich entlang des nordamerikanischen Kontinentalhanges erfolgt. Eine Studie amerikanischer und Kieler Meereswissenschaftler hat nun nachgewiesen, dass weit weniger Wasser als bisher angenommen dieser direkten Route folgt. Auf der Höhe von Neufundland bricht der Rückstrom durch starke Verwirbelungen auseinander und verteilt Wasser in den zentralen Nordatlantik.
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Die Ergebnisse sind für das Verständnis der Ausbreitung von Klimasignalen im tiefen Nordatlantik und die Planung von Beobachtungsprogrammen von erheblicher Bedeutung, so die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“.
Mess-Roboter sammelten Daten
Die Vorstellung von den Meeresströmungen im Nordatlantik war bisher relativ einfach: Der Golfstrom und seine Ausläufer transportieren warmes Wasser nach Norden, was sich in subpolaren Breiten abkühlt und entlang des nordamerikanischen Kontinents unterhalb von etwa 1.000 Metern Wassertiefe zurückströmt.
Die genaue Route des Tiefenwassers in den mittleren Breiten des Nordatlantiks konnte nun mit Hilfe einer Flotte von automatischen, frei im tiefen Ozean treibenden Mess-Robotern entschlüsselt werden. Überraschender Befund: von über 70 nördlich von Neufundland ausgesetzten Sonden verblieben nur wenige im tiefen Randstrom und damit auf direktem Wege in den tropischen Atlantik. Ein großer Teil wurde in der Höhe Neufundlands durch episodisch auftretende starke Wirbel in den zentralen Atlantik abgetrieben.
Tiefenwasserbildung im Nordatlantik
„Die jetzt entdeckten Umwege, die das Tiefenwassers nimmt, sind für die Ausbreitung von Klimasignalen im Ozean von großer Bedeutung“, erklärt Professor Claus Böning vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) aus Kiel. Bei der Tiefenwasserbildung im Nordatlantik werden unter anderem erhebliche Mengen des durch Verbrennungsprozesse emittierten Kohlendioxids aufgenommen.
„Für Aussagen über die zukünftige Klimaentwicklung ist es deshalb wichtig zu wissen, wie schnell neugebildetes Tiefenwasser den subpolaren Nordatlantik verlässt und wohin das Wasser transportiert wird“, erläutert Böning, Co-Autor der Studie weiter.
Die Interpretation der von den autonomen Mess-Robotern aufgezeichneten Daten wird durch Modellsimulationen mit einem hochauflösenden Computermodell gestützt. „Mit unserem Modell, das eine Maschenweite von wenigen Kilometern aufweist, konnte der Befund aus dem vergleichsweise kleinen, wenn auch präzisen Beobachtungsdatensatz auf eine wesentlich breitere Basis gestellt werden“, erläutert Böning.
Perfekte internationale Zusammenarbeit
Die in Kooperation mit Meereswissenschaftlern an der Woods Hole Oceanographic Institution und der Duke University in den USA entstandene Studie zeigt zudem die zunehmende Bedeutung der Verknüpfung von innovativen Messverfahren mit Modellsimulationen in der modernen Meeresforschung.
„Meine amerikanischen Kollegen haben gemessen, wir haben die Simulationen durchgeführt und dann gemeinsam die Ergebnisse analysiert und diskutiert“, resümiert Böning.
(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 14.05.2009 – DLO)