Rätselhaft bleibt für die Ermittler noch die Abdruckspur der blutigen rechten Hand: Von wem stammt sie? Führt der Handabdruck zum Täter? Hat sich dieser durch Abrutschen am Messer selbst verletzt? Oder stammt der Handabdruck vom Opfer? Diese wichtigen Antworten erwartet die Rechtsmedizinerin von der DNA-Analyse, die sie jetzt in Auftrag gibt.
„Mikrosatelliten“ als Marker im Erbgut
Genetische Grundlage des DNA-Profils sind kurze Abfolgen der vier DNA-Bausteine, die sich mehrfach hintereinander wiederholen. Diese Wiederholungseinheiten nennt man »short tandem
repeats« (STR) oder Mikrosatelliten. Sie liegen an zahlreichen Stellen im Erbgut (Genom) und befinden sich immer in nicht kodierenden Bereichen. Daher haben sie keinen Einfluss auf das Aussehen einer Person oder deren Eigenschaften.
Verschiedene Personen unterscheiden sich lediglich in der Anzahl der Wiederholungseinheiten und weisen somit unterschiedliche STR-Merkmalstypen (Allele) auf. Die Benennung der Allele erfolgt numerisch nach der Anzahl der Wiederholungseinheiten. Innerhalb der Bevölkerung existieren zahlreiche Allelvarianten. Um eine zuverlässige Unterscheidung zu erreichen, werden in Deutschland acht STR-Systeme auf verschiedenen Chromosomen untersucht sowie ein geschlechtsunterscheidendes Merkmal. Eine rein zufällige Übereinstimmung von DNA-Profilen ist unter einer Milliarde unverwandten Personen nicht zu erwarten.
Überraschendes Ergebnis
E-I-L-T, eine Mitarbeiterin des DNA-Labors markiert in großen Lettern die Fallakte mit den Blutspuren. Eilig ist die DNA-Analyse, weil sie die Frage beantwortet, ob neben dem Blut des Opfers noch eine fremde Blutspur zu finden ist. Dieses Wissen ist essenziell für die Interpretation des Blutspurenverteilungsmusters und die weitere Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei. Aus den Blutabriebtupfern vom Tatort isoliert die Technische Assistentin die Erbsubstanz. Im Anschluss erstellt sie mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) das DNA-Profil, welches für jede Person spezifisch ist. Einzige Ausnahme sind eineiige Zwillinge.
Die DNA-Befunde im Blutspurenfall liegen nun vor; alle untersuchten Blutspuren zeigen eindeutige DNA-Profile. Die meisten davon sind identisch, so dass die Molekularbiologin die Blutlache und alle Blutspritzer dem Opfer zuordnen kann. Nur der blutige Handabdruck zeigt das DNA-Profil eines Mannes. Die Wissenschaftlerin bemerkt außerdem eine auffällige Ähnlichkeit mit dem DNA-Profil der Getöteten, in jedem Merkmalssystem weisen die beiden Muster ein gemeinsames Allel auf. Sie hält daher eine nahe Verwandtschaft der beiden Personen für möglich und führt zur Absicherung eine biostatistische Berechnung durch. Das Ergebnis der Kalkulation legt nahe, dass der blutige
Handabdruck von einem Sohn der Getöteten stammt.
Forschung Frankfurt / Christina Kaiser, Silke Kauferstein, Esther Reuss und Cora Wunder
Stand: 25.06.2010