Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Pan paniscus
Körpergröße: 70 bis 85 Zentimeter
Gewicht: Männchen bis 60 Kilogramm, Weibchen 27 bis 38 Kilogramm
Lebenserwartung: In der Wildnis bis 35 Jahre, in menschlicher Obhut auch bis 50 Jahre.
Ernährung: Früchte, Blätter, Blüten, Samen, Raupen, Termiten sowie kleinere Wirbeltiere
Fortpflanzung: Die Geschlechtsreife wird mit neun bis zwölf Jahren erreicht. Nach einer Tragzeit von 230 bis 240 Tagen wir ein einzelnes Junges geboren.
Verbreitung: Regenwald im Kongo-Becken in der Demokratischen Republik Kongo
Bestand: Vermutlich weniger als 20.000 Tiere, andere Quellen rechnen mit weniger als 3.000 lebenden Bonobos
Weil sie den Schimpansen zum verwechseln ähnlich sehen, wurden die Bonobos erst 1929 als eigene Art klassifiziert. Der Körperbau der Zwergschimpansen ist graziler und schlanker, als der eines Schimpansen. Auch der Kopf ist runder, die Brauenwülste geringer und der Kiefer weniger ausgeprägt. Geht ein Bonobo aufrecht auf zwei Beinen nimmt sein schwarz behaarter Körper fast menschliche Gestalt an. In einigen Regionen des Kongo besagt eine Legende, daß Bonobos und Menschen vor sehr langer Zeit einmal Brüder waren. Wie lebt also unser wilder Bruder aus dem Regenwald?
Herrschaft des „schwachen Geschlechts“
Was die Bonobos so einzigartig macht, ist ihr außergewöhnlich Sozialverhalten. Zwergschimpansen leben in einer matriarchalischen Gemeinschaft. Der Anführer ist ein erfahrenes Weibchen, dessen Söhne unter den Männchen auch automatisch die ranghöchsten Stellungen einnehmen. Die Weibchen hegen und pflegen untereinander enge Freundschaften. Durch diese gebündelte Frauenallianz setzen sie sich gegen die eigentlich körperlich stärkeren, aber doch wenig aggressiven Männchen mit Leichtigkeit erfolgreich durch.
Erreicht der Bonobo-Nachwuchs im Alter von sieben bis zehn Jahren die Pubertät, sind es diesmal die Weibchen, die es in die Ferne zieht. Aufgrund ihrer Migration wird der genetische Pool erhöht und Inzucht vermieden. Durch die weibliche Wanderlust bestehen die rund 100 Individuen zählenden Bonobo-Familien, anders als bei den von nur einem erwachsenen Silberrücken angeführten Gorillas, aus vielen erwachsenen Männchen und ebenso vielen „zugereisten“ Weibchen.
Eine besondere Frauenfreundschaft
Beim Wechsel in eine neue Familiengemeinschaft ist es für die Neuankömmlinge wichtig, die Gunst eines ranghohen Weibchen fellpflegend zu erkraulen. Wird das neue Weibchen von der Umworbenen akzeptiert, ist ihr auch der Respekt der Gemeinschaft sicher. Wohlkalkuliert zeigt sich „die Neue“ zumeist paarungsbereit und duldet die Annäherungsversuche der Männchen, denn erst durch die Geburt des ersten Nachwuchs stabilisiert sich ihre gesellschaftliche Stellung.
Mit einer fast ständig anhaltenden Genitalschwellung signalisieren auch die anderen Bonobo-Weibchen eine fortwährende Kopulationsbereitschaft, obwohl sie nur etwa alle fünf bis sechs Jahre ein Junges zur Welt bringen. Warum also diese ständig „lockende Versuchung“?
Liebe statt Kriege
Im Gegensatz zu den Schimpansen sind bei den harmoniesüchtigen, friedliebenden Bonobos organisierten Bandenkriege, Mordanschläge unter Artgenossen oder Vergewaltigungsszenen eher selten zu beobachten. Das mag an ihrer zugegebenermaßen recht unkonventionellen Antiaggressions-Therapie liegen. Frei nach dem Hippi-Credo „Make love, not war“ werden Konflikte durch sexuelle Handlungen gelöst. Sex ist dabei diplomatisches Mittel zum Zweck und dies in jeglicher Kombination: Männchen mit Weibchen, Männchen mit Männchen, Weibchen untereinander und Ältere mit Jüngeren. Masturbation und Onanie besänftigen aufgestauten Ärger, Gruppensex und Homosexualität stärken den familiären Zusammenhalt, soziale Bindungen und den Frieden in der Gemeinschaft.
Dient der Sex vielleicht nicht nur zur Fortpflanzung, sondern auch wie beim Menschen zum reinen Lustgewinn? Sind Bonobos mit einer genetischen Übereinstimmung von 98,4 Prozent auch im Verhalten menschlicher als angenommen? Viel Zeit bleibt Anthropologen und Soziologen nicht, um diese Fragen zu beantworten. Denn die Bonobos, die nur im Kongobecken Afrikas vorkommen, stehen mit einem kümmerlichen Rest von geschätzten 3.000 Individuen am Rande der Ausrottung.
Stand: 27.06.2003