Ethnobotaniker sind Entdeckungsreisende in Sachen Pflanzenwirkstoffe: Wochen, Monate oder sogar jahrelang halten sie sich an zden entlegensten Gebieten der Erde auf – immer auf der Suche nach neuen Wirkstoffen. Sie besuchen Völker, die in Regionen mit einer besonders vielfältigen Pflanzenwelt, wie dem tropischen Regenwald, seit vielen Generationen heimisch sind und die Pflanzenwelt entsprechend gut kennen. Die Pflanzenkenntnisse werden dort oft von Generation zu Generation durch einem Heilkundigen an einen "Lehrling" weitergegeben. Nachdem die Forscher das Vertrauen der Eingeborenen gewonnen haben, lassen sie sich in die Geheimnisse der vorkommenden Heilpflanzen einweihen.
Außer traditionellen, Heilzwecken dienenden Pflanzen sind für Ethnobotaniker auch solche von Interesse, die wegen ihrer Giftigkeit genutzt werden. So enthalten Pfeilgifte – wie das seit langem von südamerikanischen Indios gebrauchte Curare – Alkaloide, die man bei Narkosen als Muskelrelaxans verwendet. 86 Prozent der Pflanzen, die samoanische Heilkundige anwenden, zeigten beispielsweise bei Untersuchungen signifikante biologische Wirksamkeit. Freilich gehen nur aus den wenigsten Verbindungen, die derart ausgesiebt werde, letztlich auch neue Arzneimittel hervor. Einige werden sich als chemisch identisch mit bereits bekannten Wirkstoffen erweisen, andere als weniger effektiv und wieder andere als schlichtweg zu toxisch.
Beispiel Lapacho
In der traditionellen Volksmedizin Südamerikas beispielsweise hat Lapacho, die getrocknete Rinde des dort heimischen Baumes Tabebuia avellanedeae, große Bedeutung. Sie nimmt dort, ähnlich wie Ginseng in Asien, den Rang eines Allheilmittels ein. Es gibt Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit bei Infektionskrankheiten und Krebs.
Bei der chemischen Untersuchung der Lapachorinde konnten Chinonverbindungen – Lapchol und Lapchon – sowie Xyloidin isoliert werden. Außerdem ist sie ungewöhnlich reich an Mineralstoffen und Spurenelementen. Xyloidin wirkt gegen Bakterien und Pilze. Lapachol und Lapchon zeigten bei Anwendung auf Tumorzellen zytotoxische Wirkungen. Die in Südamerika üblichen Teezubereitungen erreichen die dafür erforderliche Konzentration jedoch nicht. Forscher gehen aber davon aus, dass die antitumorale Wirkung der Lapacho-Rinde in der Volksmedizin über eine Stärkung des Immunsystems funktioniert. Damit besäße die Pflanze ein ähnliches Wirkprofil wie die Mistel, die in der Tumorprävention heute bereits als immunsteigerndes Mittel etabliert ist.
Stand: 23.02.2007