80 bis 120 Meter hohe Ungetüme aus Stahl und Beton, die direkt vor der Küste stehen, großen Lärm machen und den freien Blick auf den Sonnenuntergang über dem Meer verbauen – ein Horrorszenario für jeden Sylt-, Helgoland- oder Rügen-Fan, der seinen Urlaub in malerischer Kulisse verbringen will. Wer sich die Nutzung der Offshore-Windenergie allerdings so oder so ähnlich vorstellt, liegt falsch und wird in der Realität eine große Überraschung erleben.
Zwar befinden sich die Pilotprojekte in Dänemark oder anderswo fast ausschließlich in der Nähe des Festlands. Zumindest bei uns sollen aber alle geplanten größeren Offshore-Anlagen viele Kilometer von der Küste oder den Inseln entfernt entstehen. Wenn überhaupt, werden sie deshalb nur an wenigen Tagen im Jahr bei sehr klarer Sicht zu sehen sein. Lärmbelästigungen für den Menschen und die Zerstörung des Landschaftsbildes durch die Offshore-Windenergie müssen Touristen demnach nicht befürchten.
Streit um Offshore-Windenergie
Auch gewaltige CO2-Emissionen, Verschmutzung von Land und Wasser wie bei der Öl- und Gasförderung oder katastrophale radioaktive Verseuchungen gibt es bei der Offshore-Windenergie nicht.
Trotzdem ist diese saubere Methode der Energieerzeugung nicht unumstritten. Einig sind sich Kritiker und Befürworter der Offshore-Windparks, dass der Bau und der Betrieb der Anlagen einen Eingriff in die Natur darstellen. Doch: Welche Risiken ergeben sich daraus tatsächlich für die Meeresökosysteme? Wie schwer wiegen diese Probleme im Vergleich zu den riesigen Vorteilen im Bereich Klimaschutz? Über solche Fragen wird in der Öffentlichkeit oder hinter verschlossenen Türen seit einiger Zeit heftig debattiert.
Gegner von Offshore-Windparks fürchten vor allem die Zerstörung von Lebensräumen durch die umfangreichen Baumaßnahmen inmitten von Nord- und Ostsee. Auch magnetische und elektrische Felder an den Kabeltrassen, die die Orientierung von wandernden Arten beeinträchtigen, und Stresssymptome bei Vögeln durch die rotierenden Blätter oder den Schattenwurf, sind längst als mögliche Gefahrenquellen erkannt.
Umweltschützer in der Bredouille
In einer besonderen Bredoullie bei der Diskussion Pro und Contra Offshore-Windenergie stecken dabei Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder NABU. Auf der einen Seite liegt ihnen natürlich die Artenvielfalt in Nord- und Ostsee am Herzen, auf der anderen Seite würden sie durch eine völlige Ablehnung der Offshore-Windenergie ihre eigenen Forderungen nach verbessertem Klimaschutz und Ausstieg aus der Atomindustrie torpedieren. Vorsichtig pro Offshore – so lautet deshalb die Devise der meisten Umweltschützer.
An dieses leise „ja“ sind aber Forderungen wie die Ausweisung von Tabuflächen geknüpft. So sollten Naturschutzgebiete, aber auch die vom Bundesamt für Naturschutz festgelegten so genannten Important Bird Areas (IBA) oder Fauna-Flora-Habitat-Regionen von Windrädern verschont bleiben. Das Wattenmeer in Dänemark, den Niederlanden und Deutschland ist sogar seit der Trilateralen Wattenmeerkonferenz von Stade 1997 bereits vor dem Bau von Windkraftanlagen geschützt.
Artenvielfalt bedroht?
Soll man im großen Maßstab Offshore-Windparks bauen oder sollte man aus ökologischen Gründen lieber nicht? Um eine abschließende Antwort auf diese Frage zu finden, setzen Wissenschaftler, Politiker und Umweltschützer mangels Alternativen auf „Learning by doing“. In Dänemark beispielsweise haben Forscher im Rahmen von Umweltmonitoring-Programmen bei Offshore-Pilotprojekten wichtige neue Erkenntnisse über die ökologischen Gefahren für die Meeresumwelt gesammelt…
Stand: 20.04.2007